Wenn du etwas schweres hebst, in den 15. Stock gehst und zwar über die Treppe, eine Stunde Joggen gehst, wird deine Herzrate ansteigen, unweigerlich. Und es wird auch ein wenig dauern, bis diese wieder sinkt. Die Frage ist, wie lange dauert es denn nun, bis die Herzrate wieder runtergeht. Dies ist abhängig vom persönlichen Fitnesszustand. Also, was sagt eine gute Erholung der Herzrate über den Zustand des Herzens bzw. des Nervensystems aus? Das möge der Inhalt dieses Artikels sein. Zuerst wären da ein paar Dinge zu klären. Nämlich, die Sache mit dem Ruhepuls.
Ruhepuls
Gesunde Erwachsene haben im Schnitt einen Ruhepuls von 50 bis 65 Schlägen pro Minute (Habib, 2024). Kinder mögen mehr haben, ca. 100 Schläge pro Minute. Dann kommen noch Schwankungen über den Tagesablauf hinzu. Weniger als 40 Schläge pro Minute sind laut der deutschen Herzstiftung zu wenig. Frauen haben im Schnitt drei Schläge pro Minute mehr als Männer. Starkes Übergewicht und die Jahreszeit wirken sich auch aus. So führt Übergewicht zu einem Anstieg, genauso wie es zu einem Anstieg im Januar kommt. Im August fällt der Durchschnitt wieder.
Der Vagusnerv
Jetzt kann ich ja Finger an mein Handgelenk anlegen und zählen. Verlässlicher wäre dagegen ein elektronisches Gerät mit Brustgurt. Zurück zur Eingangsfrage: Was hat nun die Erholung der Herzrate mit dem Nervensystem zu tun? Der Vagusnerv, Teil des vegetativen Nervensystems, regelt neben unzähligen inneren Prozessen auch den Herzschlag. Der Sympathikus übernimmt dabei die Rolle, die Herzrate nach oben zu treiben. Es steht etwas an, ein Sprint, ein schweres Gewicht zu tragen, der Gang in den 17. Stock. Der Parasympathikus hat die Aufgabe, die Herzrate zu senken. Generell, je geringer die Herzrate im Ruhezustand, desto effektiver ist die Pumpleistung des Herzens. So schaffen es gute Athleten zu etwa 40 bis 50 Schlägen pro Minute (Habib, 2024).
Wie war das jetzt mit der Erholung der Herzrate?
Das Spannende kommt jetzt. Gehe mal davon aus, du sprintest mehrere Male hintereinander. Das treibt die Herzrate an. Nach dem letzten Sprint machst du eine Pause von einer Minute. Vor dieser Pause und danach nimmst du die Herzrate. Die Differenz von der ersten Messung zur zweiten Messung wird Herzratenerholung genannt. Zu dieser Herzratenerholung führten Cole und Kollegen (1999) eine über 6 Jahre geführte Studie durch. Ein Training führt generell zu einem Anstieg der Herzrate. Gleichzeitig verringert sich der Vagustonus. Die Wiederherstellung der Herzrate nach einer anstrengenden Aktivität hat mit der vagalen Aktivität zu tun. Wenn der Vagusnerv nicht mehr das tut, wofür er gemacht ist, kann dies mit einer erhöhten Sterblichkeit einhergehen. Dies macht die Herzrate und die Erholung dieser Herzrate zu einem sehr guten vorhersagenden Marker für den generellen Fitnesszustand und die damit verbundene Sterblichkeitsrate.
17 Schläge ist also gut
Über 6 Jahre wurden 2428 gesunde Erwachsene beobachtet. Dabei wurden Tests durchgeführt. Vor und nach den Übungen wurde die Herzrate gemessen. Der Durchschnitt lag dabei bei 17 Schläge Reduktion pro Minute. Männliche Athleten schafften es auf 29 Schläge Reduktion. Eine Reduktion von weniger als 12 Schlägen wurde als besorgniserregend eingestuft. Besorgniserregend daher, da ein langsamerer Abfall der Herzrate in der ersten Minute nach einer Belastung, der auf eine verminderte vagale Aktivität zurückzuführen ist. Dies stellt einen Prädiktor für die Gesamtmortalität dar.
Was nun? Ist dies trainierbar…
Die Antwort darauf ist so einfach wie die Frage auf, wie werde ich ein guter Klavierspieler. Hmm, durch das konstante Klavierspielen. So ist es auch mit der Herzrate. In Kürze ist es ungefähr so. Du nimmst dir eine Aktivität vor, z.B. ein kraftbetontes Intervalltraining, oder 30 Minuten Joggen mit kurzen Sprints, oder Bergwandern für eine Stunde. Nach dieser physischen Aktivität, misst du gleich die Herzrate und eine Minute danach wieder. Die Aktivitäten lieben Konstanz, d.h. einmal ist keinmal. Ein regelmäßiges Training und eine regelmäßige Entspannung trainiert die Herzrate und die Herzratenerholung.
Ich gebe dir zum Abschluss mein Beispiel.
- Beispiel A: Intervall Kraft Zirkel, bestehend aus Klimmzüge (max. Wiederholung), Liegestütze (max. Wiederholung) und Horse Stance (in Sekunden, so lange wie möglich). Das ganze 3x. Dann bin ich nach spätestens 15 Min. fertig. Danach atme ich 10 Minuten kohärent.
- Beispiel B: Ausfallschritte bergauf und Krabbeln bergab. Das ganze 5 Durchgänge. Dann wäre ich ungefähr bei 150 Ausfallschritten (beide Beine). Das Krabbeln zähle ich nicht. Danach folgt eine Atemübung, z.B. die Buteyko Atmung. Fokus auf langsames und langes Ausatmen sowie die Atempause am Ende. Dabei schaue ich den Sonnenaufgang oder den Sonnenuntergang an.
Das wäre zwei meiner Beispiele. Es gibt noch weitere. Die Frage ist allerdings, hast du ein eigenes Beispiel?
Literatur:
- Cole, C. R., Blackstone, E. H., Pashkow, F. J., Snader, C. E., & Lauer, M. S. (1999). Heart-rate recovery immediately after exercise as a predictor of mortality. The New England journal of medicine, 341(18), 1351–1357. https://doi.org/10.1056/NEJM199910283411804
- Habib, Navaz (2024). Uprgarde your vagus nerve. Berkeley: Ulysses Press
Bilder:
- Das Bild ist 2022 im November in Seigendorf entstanden. Wo??? Seigendorf? Ein sehr kleiner Ort in der Nähe von Bamberg. Also wenn du mal mit mir Ausfallschritte machen möchtest, das wäre der Ort dazu.