Motivation ist der Antrieb, der unser Verhalten lenkt, unsere Ziele bestimmt und unser Engagement beeinflusst. Doch viele traditionelle Ansätze, von Belohnungssystemen bis hin zu Bestrafungen, haben sich als unzureichend oder gar kontraproduktiv erwiesen. Die Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) von Deci und Ryan (2000) liefert wertvolle Erkenntnisse, wie echte, nachhaltige Motivation entstehen kann. Susan Fowler (2023) greift diese Theorien in ihrem Buch “Why Motivating People Doesn't Work...and What Does” auf und erweitert sie um praxisorientierte Ansätze für Führungskräfte und Individuen.
Motivation verstehen: Von äußerer Kontrolle zur inneren Energie
Laut Deci und Ryan basiert Motivation auf drei psychologischen Grundbedürfnissen:
- Autonomie: Das Bedürfnis, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmt zu handeln.
- Kompetenz: Das Gefühl, fähig und effektiv zu sein und Fortschritte zu erzielen.
- Zugehörigkeit: Das Verlangen nach sozialen Verbindungen und der Sinnhaftigkeit durch Beziehungen.
Diese Grundbedürfnisse sind universell und unabdingbar für Wohlbefinden und Engagement. Werden sie erfüllt, entsteht intrinsische Motivation. Intrinsische Motivation ist eine Kraft, die aus Neugier, Sinn und dem Wunsch nach Wachstum gespeist wird. Fehlen sie, treten Apathie, Entfremdung oder gar psychische Probleme auf.
Fowler erweitert diesen Ansatz, indem sie zeigt, dass traditionelle Methoden wie “Zuckerbrot und Peitsche” oft das Gegenteil bewirken. Belohnungen können kurzfristig Anreize schaffen, führen aber selten zu langfristigem Engagement. Druck und Kontrolle untergraben hingegen die Autonomie und fördern Widerstand.
Wie intrinsische Motivation entsteht
Um Motivation nachhaltig zu fördern, sollten folgende Prinzipien beachtet werden:
- Autonomie stärken
Menschen möchten das Gefühl haben, dass ihre Handlungen aus freiem Willen erfolgen. Falls du eine Führungskraft oder in einem Lehrberuf bist, kannst du dies unterstützen, indem du:
- Wahlmöglichkeiten bietest und Entscheidungsfreiheit gewährst.
- Sinn und Relevanz von Aufgaben verdeutlichst.
- Kontrollierendes Verhalten wie Mikromanagement vermeidest.
Ein Beispiel aus der Forschung: Sheldon et al. (1997) zeigten, dass Menschen in Lebensbereichen, die ihre Autonomie fördern, mehr Authentizität und Wohlbefinden empfinden. - Kompetenz fördern
Sich fähig und kompetent zu fühlen, ist entscheidend für Motivation. Dies gelingt durch:
- Klar formulierte Ziele und konstruktives Feedback.
- Herausforderungen, die weder unter- noch überfordernd sind.
- Anerkennung von Fortschritten und individuellen Stärken.
V. Kasser und Ryan (1996) fanden, dass Mitarbeiter, die ihre Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln konnten, nicht nur leistungsstärker waren, sondern auch mehr Zufriedenheit erlebten. - Zugehörigkeit ermöglichen
Bedeutsame Beziehungen und ein Gefühl der Gemeinschaft steigern die Motivation. Dies kann erreicht werden durch:
- Aufbau eines vertrauensvollen und respektvollen Arbeitsklimas.
- Gemeinsames Feiern von Erfolgen.
- Regelmäßigen Austausch und offene Kommunikation.
In einer Studie mit Pflegeheim-Bewohnern zeigten V. Kasser und Ryan (1999), dass soziale Unterstützung und Zugehörigkeit zu mehr Wohlbefinden und Lebensfreude führten.
Praktische Tipps zur Motivationsförderung
Was kannst du denn nun tun, um dich selbst ein wenig mehr zu motivieren? Du könntest z.B. deine
- Ziele mit Bedeutung verknüpfen: Es wäre sinnvoll zu verstehen, wie deine Aufgaben zu größeren Zielen beitragen. Das schafft Sinnhaftigkeit und steigert das Engagement. Weiterhin kannst du den
- Fokus auf intrinsische Ziele legen: D.h. Persönliches Wachstum, Beziehungen und Gemeinschaft in den Vordergrund stellen, denn diese sind langfristig motivierender als materielle Belohnungen. Weiterhin kannst du
- Unterstützende Umgebungen schaffen: Denn eine Kultur der Offenheit, des Respekts und der Entwicklung ist der Nährboden für Motivation. Und wie wäre es mit
- Vorbild sein: Wenn du eine Führungskraft bist, die Selbstbestimmung und Engagement vorlebst, inspirierst du dein Team. Aber das gilt natürlich auch für alle anderen Menschen, denn jeder Mensch kann Vorbild für einen anderen Menschen sein.
Fazit: Motivation als nachhaltige Energiequelle
Motivation ist keine externe Ressource, die durch Druck oder Anreize erzeugt werden kann. Sie entsteht aus dem Inneren, wenn Menschen die Freiheit haben, authentisch zu handeln, ihre Stärken einzusetzen und soziale Bindungen einzugehen. Indem wir die psychologischen Grundbedürfnisse von Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit respektieren und unterstützen, legen wir den Grundstein für nachhaltigen Erfolg und Wohlbefinden – sowohl für uns selbst als auch für andere. Und, womit möchtest du heute anfangen?
Literatur:
- Fowler, Susan (2023). Why Motivating People Doesn't Work...and What Does. San Francisco: Berrett-Koehler Publishing
- Kasser, T., & Ryan, R. M. (1996). Further examining the American dream: Differential correlates of intrinsic and extrinsic goals. Person- ality and Social Psychology Bulletin, 22, 80-87.
- Kasser, V.G., & Ryan, R.M. (1999). The Relation of Psychological Needs for Autonomy and Relatedness to Vitality, Well‐Being, and Mortality in a Nursing Home1. Journal of Applied Social Psychology, 29, 935-954.
- Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. The American psychologist, 55(1), 68–78. https://doi.org/10.1037//0003-066x.55.1.68
- Sheldon, K. M., Ryan, R. M., Rawsthorne, L., & Ilardi, B. (1997). Trait self and true self: Cross-role variation in the Big Five traits and its relations with authenticity and subjective well-being. Journal of Per- sonality and Social Psychology, 73, 1380-1393.
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