Wer denkt, dass ein Spaziergang im Wald nur eine nette Freizeitbeschäftigung ist, liegt falsch. Wissenschaftler weltweit haben untersucht, warum ein Aufenthalt im Grünen weit mehr bewirkt als nur frische Luft zu schnappen. Die Ergebnisse? Beeindruckend. Willkommen in der Welt des Shinrin-Yoku, oder wie wir es nennen: Waldbaden.

Von der Stadt in den Wald – eine Reise zu weniger Stress

Eine Studie von Park et al. (2010) nahm 280 junge Menschen mit auf eine Reise – jeweils in 24 Wälder und städtische Gegenden Japans. Mit im Gepäck waren Speicheltests, Blutdruckmessgeräte und Herzfrequenzsensoren. Das Ziel: den Unterschied zwischen Wald und Stadt auf unseren Körper zu messen.

Die Ergebnisse sprechen für sich:

  • Stressreduktion: Der Cortisolspiegel – ein Marker für Stress – war im Wald signifikant niedriger.
  • Herz-Kreislauf-Gesundheit: Blutdruck und Pulsfrequenz sanken, die Herzfrequenzvariabilität zeigte eine entspannte Balance zwischen Anspannung und Entspannung.

Fazit? Ein Besuch im Wald ist ein wahres Fitnessprogramm fürs Nervensystem.

Die Medizin des Waldes

Qing Li, ein Pionier der „Waldmedizin“, geht in seiner Studie (2022) noch weiter. Sein Fokus lag auf den langfristigen gesundheitlichen Vorteilen des Waldbadens. Und diese reichen weit:

  • Stärkung des Immunsystems: Natürliche Killerzellen – unsere innere Armee gegen Viren und Tumore – werden durch den Aufenthalt im Wald aktiviert.
  • Psychische Gesundheit: Angst, Depression und Feindseligkeit verringern sich, während Vitalität und Lebensfreude steigen.
  • Herzgesundheit: Blutdruck und Puls profitieren ebenfalls von der grünen Umgebung.

Die Schlussfolgerung? Shinrin-Yoku ist nicht nur gut für die Seele, sondern auch für den Körper – und das auf ganz natürliche Weise.

Der Wald als Anti-Stress-Oase

Auch Morita et al. (2007) untersuchten, was der Wald mit unserer Psyche macht. Sie begleiteten fast 500 Menschen und verglichen deren Emotionen in Wald- und Stadtumgebungen. Die Ergebnisse waren eindeutig:

  • Feindseligkeit und Depression nahmen ab.
  • Das Gefühl von Lebhaftigkeit und Wohlbefinden stieg.
  • Besonders Menschen mit höherem Stressniveau profitierten von der grünen Auszeit.

Ein klarer Beweis, dass der Wald nicht nur erdet, sondern auch emotional stabilisiert.

Ein Rundumblick auf Shinrin-Yoku

Hansen, Jones und Tocchini (2017) liefern in ihrer umfassenden Literaturübersicht den Überblick: Shinrin-Yoku und Naturtherapie wirken auf vielen Ebenen. Neben der bereits erwähnten Stressreduktion und dem Stärken des Immunsystems heben sie die sozialen Vorteile hervor: Gemeinsame Waldaktivitäten stärken zwischenmenschliche Bindungen und fördern ein Gefühl von Gemeinschaft. Die Autoren betonen, dass Waldbaden nicht nur eine individuelle Gesundheitsstrategie ist, sondern auch ein Ansatz für die öffentliche Gesundheitsförderung.

Warum Waldbaden?

Die Wissenschaft ist eindeutig: Der Wald ist mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen. Er ist ein Kraftort, eine Apotheke unter freiem Himmel, ein Ort der Erneuerung. Egal ob durch die senkende Wirkung auf Stresshormone, die Stärkung des Immunsystems oder das emotionale Gleichgewicht – Shinrin-Yoku zeigt, dass natürliche Heilmittel manchmal direkt vor unserer Haustür liegen.

Also, Schuhe an, Handy aus und rein in den Wald – denn wie Qing Li treffend formuliert: „Die Medizin des Waldes ist für jeden zugänglich und kostet nichts.“

Wenn dich das Thema interessiert, hier gibt es mehr zum Weiterlesen:
- Natur als ästhetische Ressource
- Augenstress und der wohltuende Wald

Literatur:

  • Hansen, M. M., Jones, R., & Tocchini, K. (2017). Shinrin-Yoku (Forest Bathing) and Nature Therapy: A State-of-the-Art Review. International journal of environmental research and public health, 14(8), 851. https://doi.org/10.3390/ijerph14080851
  • Li Q. (2022). Effects of forest environment (Shinrin-yoku/Forest bathing) on health promotion and disease prevention -the Establishment of "Forest Medicine". Environmental health and preventive medicine, 27, 43. https://doi.org/10.1265/ehpm.22-00160
  • Morita, E., Fukuda, S., Nagano, J., Hamajima, N., Yamamoto, H., Iwai, Y., Nakashima, T., Ohira, H., & Shirakawa, T. (2007). Psychological effects of forest environments on healthy adults: Shinrin-yoku (forest-air bathing, walking) as a possible method of stress reduction. Public health, 121(1), 54–63. https://doi.org/10.1016/j.puhe.2006.05.024
  • Park, B. J., Tsunetsugu, Y., Kasetani, T., Kagawa, T., & Miyazaki, Y. (2010). The physiological effects of Shinrin-yoku (taking in the forest atmosphere or forest bathing): evidence from field experiments in 24 forests across Japan. Environmental health and preventive medicine, 15(1), 18–26. https://doi.org/10.1007/s12199-009-0086-9

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