Willkommen in der digitalen Kultur. Vor einigen Jahrzehnten fing es an, heute ist es kaum mehr wegzudenken. Bildschirme überall. Manche Menschen schaffen es pro Tag auf 8 Stunden und mehr. Und ich rede nicht nur von der Arbeit, sondern auch von der Freizeit. Auch dort gibt es Bildschirme, genannt Smartphone oder das Tablett bzw. den PC. Jetzt ist es ja so, dass die elektronischen Medien sich in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert haben. Dennoch hat gerade die längere Verwendung von Computern und anderen Bildschirmgeräten negative Auswirkungen auf das Sehvermögen und die Augenoberfläche. Das menschliche Auge ist einfach nicht dafür gemacht, stundenlang auf eine Lichtquelle zu starren. Dieses Starren kann zu einer Entwicklung von Computer Vision Syndrom führen, ausgelöst durch digitalen Sehstress (Ranasinghe et al., 2016).

Achtung, jetzt kommt der Sympathikus

Ein konstantes Verengen unseres Blickfeldes, durch das Fokussieren auf einen kleinen Bereich, den Bildschirm, aktiviert den Sympathikus. Ein Verengen des Fokus ist verknüpft mit einem höheren Alarmzustand des Nervensystems, d.h. sympathische Aktivierung. Die Pupille weitet sich dabei, wenn wir Objekte in der Nähe fokussieren. Das nennt sich “akkommodative Pupillenreaktion”. Und durch die ständige Nahsicht auf den Bildschirm spannt sich die Augenmuskulatur an. Die Fokussierung könnte man hier als ein Extrem auf einem Kontinuum bezeichnen. Das andere Extrem wäre der Weitblick. Dazwischen gibt es ganz viele Abstufungen.

Sympathikus Adieu

Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, das längere Bildschirmzeiten einen starken Druck auf meine Augen ausübten, ich mich ausgelaugt fühlte und gleichzeitig gestresst bin. Das Weitstellen des Blickfeldes kann hier Linderung bringen. Peripheres Sehen, oder Sehen der Umgebung hat mir sehr geholfen, diesen Druck abzubauen. Was passiert hier allerdings noch? Durch das Weitstellen wechseln wir von einer sympathischen Aktivierung des Nervensystems zu einem parasysmpathischen Aktivierung des Nervensystems. Der Blick ins Grüne gepaart mit einem kleinen Spaziergang kann wahre Wunder bewirken.

Die 20-20-20 Regel

Bezüglich des Augendrucks gibt es eine einfache Regel: 20-20-20. Nach 20 Minuten Bildschirmarbeit folgen 20 Sekunden Pause. In dieser Pause schaue Objekte an, welche 20 feet (20 feet = ca. 6 Meter) entfernt sind. In Studien (Alghamdi & Alrasheed, 2020; Talens-Estarelles, et al., 2023) konnte gezeigt werden, dass die 20-20-20 Regel signifikante Unterschiede aufzeigte.

Blinzeln und Gähnen - auf die Tränen

Langes konzentriertes Blicken auf den Bildschirm führt zu weniger Tränenflüssigkeit. Das liegt an den Augenlidern, welche weniger blinzeln. Die Lösung dagegen ist so unglaublich einfach. Blinzel doch mal. Du tust deinen Augen einen großen Gefallen. Eine weitere Möglichkeit, Tränenflüssigkeit zu produzieren, ist mehrmaliges tiefes Gähnen. Spätestens wenn es zwischen den beiden Ohren knistert, wird auch Tränenflüssigkeit produziert. Zusätzlich wirkt das Gähnen als sehr entspannend.

Grün war für mich immer schon entspannend

Was natürlich noch besser wäre, sind regelmäßige Spaziergänge im Grünen. Die Wahrnehmung von Grün und auch noch anderen Farben der Natur könnte in der Tat wichtig sein. Farben, die in Naturszenen vorherrschen, sind Farben, welche eine geringere Erregung produzieren, d.h. weniger Angst (Guilford & Smith, 1959), wohingegen graue Farben städtischer Szenen Gefühle von Aggression (Frank & Gilovich, 1988) und Dominanz hervorzurufen können (Valdez & Mehrabian, 1994). Mehrere Minuten Spazierengehen im Wald reduzieren nicht nur das Stressempfinden. Diese Minuten senken auch den Blutdruck und die Herzfrequenz.

Ok, also wenn ich das jetzt lese, dann wird folgendes passieren. Ich werde aktiv versuchen, weniger Bildschirmzeit anzuhäufen. Ist das möglich? Ja. Wie? Das bleibt eine weitere offene Frage. Aber die 20-20-20 Regel wäre schon mal ein wirklich guter Start. 

Literatur:

  • Alghamdi, Waleed & Alrasheed, Saif. (2020). Impact of an educational intervention using the 20/20/20 rule on Computer Vision Syndrome. African Vision and Eye Health. 79. 1-6. 10.4102/aveh.v%25vi%25i.554.
  • Frank, M. G., & Gilovich, T. (1988). The dark side of self- and social perception: black uniforms and aggression in professional sports. Journal of personality and social psychology, 54(1), 74–85. https://doi.org/10.1037//0022-3514.54.1.74
  • Guilford, J. P., & Smith, P. C. (1959). A system of color-preferences. The American journal of psychology, 72, 487–502.
  • Ranasinghe, P., Wathurapatha, W. S., Perera, Y. S., Lamabadusuriya, D. A., Kulatunga, S., Jayawardana, N., & Katulanda, P. (2016). Computer vision syndrome among computer office workers in a developing country: an evaluation of prevalence and risk factors. BMC research notes, 9, 150. https://doi.org/10.1186/s13104-016-1962-1
  • Talens-Estarelles, C., Cerviño, A., García-Lázaro, S., Fogelton, A., Sheppard, A., & Wolffsohn, J. S. (2023). The effects of breaks on digital eye strain, dry eye and binocular vision: Testing the 20-20-20 rule. Contact lens & anterior eye : the journal of the British Contact Lens Association, 46(2), 101744. https://doi.org/10.1016/j.clae.2022.101744
  • Valdez, P., & Mehrabian, A. (1994). Effects of color on emotions. Journal of Experimental Psychology: General, 123(4), 394–409. https://doi.org/10.1037/0096-3445.123.4.394

Bilder:

  • Das Bild ist im Juni 2021 in Neuburg an der Donau entstanden. Spazierend an der Donau übte ich die 1-60-20 Regel. Nach einer Minute Smartphone, lief ich 60 Minuten an der Donau entlang und schaute mich mit einer Mindestdistanz von 20 Metern um.