Wenn ich morgens oder abends Spazieren gehe, genieße ich die Stille der Natur. Es wirkt unglaublich entschleunigend in einer sich beschleunigten Welt. Diese Stille gibt mir Raum und lässt mich über alltägliche Dinge nachsinnen, z.B. welche Einstellungen ich beim Verfolgen alltäglicher Dinge und auch langfristiger Dinge habe. Ist da immer noch eine Art Gedanke vorhanden, der mit Maximierung zu tun hat oder ist es eher so etwas, wie ein Akzeptieren der Dinge, so wie sie sind. Der beste Mensch zu werden, der ich sein kann, gleicht für mich auch einer Maximierung und erzeugt sehr viel Stress.
Genügend Wagemut ist noch vorhanden, um mir diesem großen und manchmal schwer durchschaubaren Gebiet eine Annäherung abzugewinnen. Grundsätzlich möchte ich sagen, das für mich Menschsein mit Entwicklung zu tun hat. Entwicklung umfasst viele Bereiche, kognitive wie auch emotionale, motorische wie auch perzeptuelle, so auch den spirituellen Bereich. Gibt es denn überhaupt so etwas wie spirituelle Gelassenheit? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Nicht Wissen ist schon mal eine gute Voraussetzung, sich dem ganzen anzunähern.
Was ist für mich Spiritualität?
Wenn Philosophie das Denken über die Existenz und das Leben der Lebewesen, die Welt und unsere eigenen Konzepte ist, könnte Spiritualität dann ein Staunen sein? Ein Staunen über die vielfältigen Ereignisse des Lebens? Denkst du manchmal zu wissen, was die Ergebnisse sind, vorausschauen zu können, um dann feststellen, dass deine vorausgeträumten Hypothesen einem Fehler unterlagen. Was würde sich besser eignen als das Erstaunen über die vielfältigen Ereignisse des Lebens.
Alte Gedankenmuster
Alte und rigide Gedankenmuster im Kopfe gilt es loszulassen, sich dem Leben stellen, aktiv an ihm teilzunehmen, sich eingebettet zu fühlen. Das hört sich fast an wie Passivität, ist es jedoch nicht. Ich spreche eher von einer Art des Geschehen-Lassens, ein Sich-Hingeben. Ich gebe mich einem Prozess hin, dem Prozess des Lebens.
Die Pflanze wächst
Wenn das Leben ein Prozess ist, dann kann ich lediglich dafür sorgen das bestimmte Faktoren erfüllt sind. Vergleiche ich mich mit einer Pflanze, so kann ich auch nicht die Pflanze am Schopfe ziehen und sie bitten zu wachsen. Mit mir funktioniert dies auch nicht. Gebe ich der Pflanze jedoch ausreichend Wasser, setze sie ihrem Bedürfnis entsprechend dem Licht aus, kümmere mich um die Erde und putze regelmäßig ihre Blätter, so arbeite ich an vielen Faktoren gleichzeitig und lasse es einfach nur noch geschehen. In diesem Prozess des Geschehenlassens gedeiht die Pflanze und ich erfreue mich dann durch mein Erstaunen.
Geschäftigkeit und Selbstwirksamkeit
Dem entgegengesetzt kann ich meinen Tag auch durchplanen, mit to-do- Listen und akribischer Zeiteinteilung. Das ist nicht per se schlecht, jedoch kann auch alles anders kommen und was ist dann mit meinem Plan, ist er dann nichtig geworden? Dies könnte zu blindem Aktionismus führen, welchen ich dann für Produktivität, Effizienz und was nicht noch alles halte. Es bleibt immer noch blinder Aktionismus. Geschäftigkeit ist nicht das gleiche wie Selbstwirksamkeit.
Das Maß aller Dinge
Geschäftigkeit hat in der westlichen Welt einen kleinen Beigeschmack das Maß aller Dinge zu sein. Nur der, der zu hundert Prozent durchstrukturiert, ein Ziel vor Augen, keine Abweichungen zulässt, immer auf Kurs bleibt, gilt als das Maß aller Dinge.
Begrenzungen schaffen Verbindung
Ich bin nicht das Maß aller Dinge, wenn überhaupt das Maß meiner Dinge. Doch auch dies grenzt an Überheblichkeit und damit schon an indirekter Gewalt. Dies nur zu denken, stellt mich über andere Menschen, doch nicht neben ihnen. Wer nicht kämpft gewinnt, denn wenn ich neben den Menschen stehe und mit ihnen bin, nehme ich auch meine eigene Begrenztheit wahr. Diese Begrenztheit lässt mich dann auch wieder in die Verbindung gehen.
Wo wohne ich denn?
Diese eigene Begrenztheit führt mich zu der Erkenntnis, dass ich ein Mensch aus Fleisch und Blut bin. Das rationale Kalkül hat mich teilweise weit über meine Grenzen hinausgeführt. Dort über die Grenzen hinaus angekommen frage ich mich vielleicht ob dies nicht der Platz ist, dem ich nicht innewohnen möchte.
Staunen und Zu-Hause-Sein
Ich möchte nicht alleinig dem rationalen Kalkül verfallen zugunsten des blinden Aktionismus, sondern eine Brücke bauen zwischen emotionaler und rationaler Kompetenz. Diese emotionale Kompetenz hat viel dem Erstaunen über die Ereignisse des Lebens zu tun, also mit Spiritualität. Die rationale Kompetenz hat viel mit Sprache zu tun. Dieses Staunen erschafft einen anderen Raum, vielleicht ein anderes Gefühl von Zu-Hause-Sein.
Klarheit als Wegweiser
Intuition und Intelligenz sind zwei Dimensionen. Wo ist die Schnittmenge? Sprache eröffnet einen Prozess der Reflektion. Diese Reflektion kann Gefühle und Gedanken klarer erscheinen lassen. Diese Klarheit schafft bzw. hilft bei der Entwicklung spiritueller Gelassenheit.
Ein Weg zur Einheit
Ich sehe diesen Weg als einen Bildungsweg zur Gelassenheit. Ich fühle mich eingebettet in einer Einheit. In dieser Einheit lerne ich zum einen eine tiefe Verlassenheit und zum anderen das Erleben grundlegender Ungewissheit zu ertragen und die Situationen um mich herum zu erkennen.
Ich nehme wahr
Jedes Bewusstsein ist ein Wahrnehmungsbewusstsein. Ich erkenne den anderen in mir und vice versa. Ich erlebe mich in einem körperlich-geistigen-ganzheitlichen Kontakt mit der mich umgebenden Umgebung. Spirituelle Gelassenheit stellt sich ein.
Bilder:
- Da war ein Weg. Auf diesem Weg war Licht. Dieses Licht schaffte Klarheit. Klarheit für Wachstum. Klarheit für Entwicklung. Dankbarkeit spürte ich. Gelassenheit atmete ich. Spirituell war es für mich. Vielleicht war es spirituelle Gelassenheit. 🙂