Willkommen auf deinem Weg zu mehr Lebendigkeit. Fühl dich eingeladen, den Zusammenhang zwischen Langeweile und deiner inneren Kraft zu erkunden. Gemeinsam können wir Ruhe, Klarheit und Verbindung finden – auch in Momenten der Stille und des Stillstands.

Was ist Langeweile?

Dr. John Eastwood (2012), Associate Professor an der York University, beschreibt Langeweile als das unangenehme Gefühl, eine zufriedenstellende Aktivität ausführen zu wollen, aber nicht zu können. Dieses Gefühl tritt auf, wenn die verfügbaren Optionen nicht attraktiv erscheinen oder wenn wir in einer Situation gefangen sind, die uns nicht erfüllt. Es ist nicht die Abwesenheit von Aktivität, sondern das Unvermögen, sich mit den gegebenen Möglichkeiten zu verbinden.

Dieses Verständnis von Langeweile gibt uns bereits einen wichtigen Hinweis: Es geht um Verbindung – mit uns selbst, unseren Bedürfnissen und der Umgebung.

Warum empfinden manche Menschen Langeweile intensiver?

Unterschiedliche Faktoren beeinflussen, wie schnell und stark Menschen Langeweile empfinden. Dazu gehören:

  • Physiologische Erregung: Menschen, die stärkere Reize brauchen, langweilen sich schneller in routinemäßigen Situationen. Andere Studien zeigen jedoch, dass Langeweile auch mit erhöhter Erregung einhergehen kann, was darauf hinweist, dass es verschiedene Formen der Langeweile gibt.
  • Aufmerksamkeit: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, können Langeweile verstärken. Insbesondere Menschen mit ADHS erleben Langeweile intensiver, da sie Schwierigkeiten haben, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren.
  • Emotionale Regulation: Wer seine Gefühle schwer einschätzen oder ausdrücken kann, empfindet oft schneller Langeweile. Emotionen sind wie ein Kompass, der uns Orientierung gibt. Fehlende emotionale Klarheit kann uns vom Kurs abbringen.
  • Motivation und Selbstkontrolle: Eine klare Zielsetzung und die Fähigkeit zur Selbstorganisation helfen, Langeweile zu vermeiden. Menschen, die ihren Tag ohne Struktur angehen, finden sich oft in langweiligen Situationen wieder.

Was geschieht im Gehirn bei Langeweile?

Langeweile aktiviert das Default Mode Network (DMN) im Gehirn, das mit Tagträumen und innerer Reflexion verknüpft ist. Wenn wir nichts tun oder unsere Gedanken abschweifen, wird dieses Netzwerk aktiv. Langeweile kann jedoch auch dazu führen, dass wir uns gefangen fühlen und negative Gedanken kreisen.

Interessanterweise zeigt Forschung, dass unser Zeitgefühl in Momenten der Langeweile verzerrt wird. Minuten können sich wie Stunden anfühlen, wenn wir uns nicht mental engagieren.

Hat Langeweile einen Sinn?

Langeweile ist mehr als nur ein unangenehmes Gefühl. Sie ist eine adaptive Emotion, die uns dazu motiviert, Veränderungen vorzunehmen. Ähnlich wie Hunger oder Durst signalisiert Langeweile ein unerfülltes Bedürfnis – sei es nach Kreativität, Verbindung oder neuen Herausforderungen.

Kanadische Wissenschaftler:innen (Eastwood, Frischen, Fenske & Smilek, 2012) beschreiben Langeweile als Ansporn, neue Ziele zu finden. Dies kann sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Leben gelten. Sie zeigt uns, wann es Zeit ist, alte Muster loszulassen und Raum für Neues zu schaffen.

Kann Langeweile positive Effekte haben?

Ja, Langeweile kann durchaus nützlich sein. Sie gibt uns Gelegenheit zur inneren Reflexion und erlaubt es dem Gehirn, sich zu sortieren. Das Gefühl der Langeweile kann uns in einen Zustand der Achtsamkeit und Selbstbeobachtung versetzen, wenn wir bereit sind, es zuzulassen.

John Eastwood betont, dass kreative Gedanken oft erst nach einem Moment der Langeweile entstehen. Sobald wir jedoch in kreative Prozesse eintauchen, verschwindet das Gefühl der Langeweile. Das zeigt: Langeweile ist eine Brücke zu neuen Ideen und Veränderungen.

Dein Atem – dein Anker

Wie kann man mit Langeweile umgehen? Eine Möglichkeit ist es, sie auszuhalten und dabei bewusste Atemarbeit einzusetzen. Dein Atem kann dir helfen, in Momenten der Langeweile Ruhe und Klarheit zu finden. Anstatt vor dem Gefühl zu fliehen, können wir lernen, es zu akzeptieren und als Teil unseres Wachstumsprozesses zu betrachten.

Deine Bewegung – dein Ausdruck

Mit Methoden wie Feldenkrais und der Polyvagal-Theorie kannst du lernen, Langeweile als eine Form von innerer Unruhe zu verstehen und ihr durch Bewegung zu begegnen. Bewegung schafft Veränderung und eröffnet neue Perspektiven. Sie hilft dir, in deinen Körper zu kommen und die Verbindung zu dir selbst wiederherzustellen.

Dein Weg – dein Wachstum

Langeweile kann ein wertvolles Signal auf deinem Weg zu mehr Lebendigkeit sein. Sie zeigt dir, wo etwas in deinem Leben nicht stimmig ist und Veränderung braucht. Indem du Langeweile nicht als Hindernis, sondern als Chance betrachtest, kannst du dein Leben mit mehr Offenheit und Kreativität gestalten.

Fazit

Langeweile ist ein universelles Gefühl, das uns viel über uns selbst und unsere Bedürfnisse lehren kann. Sie fordert uns heraus, innezuhalten, uns mit unseren Emotionen zu verbinden und neue Wege zu finden. Indem wir Langeweile nicht verdrängen, sondern annehmen, können wir innerlich wachsen und unser Leben bewusster gestalten. Innehalten und innerlich wachsen. Da fällt mir Erich Fried ein. Anbei eines seiner Gedichte:

“Du liebe Zeit
Da habe ich einen gehört
wie er seufzte: >>Du liebe Zeit!<<
Was heißt da >>Du liebe Zeit<<?
>>Du unliebe Zeit<<, muß es heißen
>>Du ungeliebte Zeit!<<
von dieser Unzeit, in der wir
leben müssen. Und doch
Sie ist unsere einzige Zeit
Unsere Lebenszeit
Und wenn wir das Leben lieben
können wir nicht ganz lieblos
gegen diese unsere Zeit sein
Wir müssen sie ja nicht genau so
lassen, wie sie uns traf” (Fried, 1998, S. 130)

Du möchtest noch mehr zu Langeweile lesen, dann schaue gerne mal bei diesem Artikel vorbei: Langeweile als Ressource

Ach ja, Langeweile hat nicht unbedingt etwas mit dem Gähnen zu tun, warum nicht, kannst du hier nachlesen: Gähn doch mal

Und wenn du der Langeweile etwas entgegensetzen möchtest, wie wäre es mit Neugierde? Neugierde als Ressource

Literatur:

  • Eastwood, J. D., Frischen, A., Fenske, M. J., & Smilek, D. (2012). The Unengaged Mind: Defining Boredom in Terms of Attention. Perspectives on Psychological Science, 7(5), 482-495. https://doi.org/10.1177/1745691612456044
  • Fried, Erich (1998). Gedichte. München: Dtv

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