Eine Studie von Martarelli et al. (2011) untersuchte die Wirkung der Zwerchfellatmung (diaphragmatic breathing, DB) auf oxidativen Stress, der durch intensive körperliche Aktivität ausgelöst wird, sowie die Rolle der Hormone Cortisol und Melatonin in diesem Zusammenhang. Ich finde, die Ergebnisse liefern nicht nur wertvolle Erkenntnisse für den Sport, sondern können auch in Zusammenhang mit der Buteyko-Methode interessante Perspektiven bieten. Bevor wir anfangen, ein paar Worte zu oxidativen Stress.
Was ist oxidativer Stress?
Oxidativer Stress entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien im Körper. Freie Radikale sind hochreaktive Moleküle, die bei Stoffwechselprozessen entstehen und eine wichtige Rolle in Zellkommunikation und Immunabwehr spielen. Überschreiten sie jedoch ein gesundes Maß, können sie Zellstrukturen wie Proteine, Membranen oder DNA schädigen. Das begünstigt Alterungsprozesse und fördert die Entstehung chronischer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- oder neurodegenerativen Krankheiten.
Woher kommt oxidativem Stress?
Faktoren wie Rauchen, Alkohol, UV-Strahlung, Umweltgifte, ungesunde Ernährung, Schlafmangel oder psychischer Stress erhöhen die Bildung freier Radikale. Auch chronische Entzündungen tragen dazu bei, da sie eine Kettenreaktion oxidativer Prozesse auslösen.
Und wie wirkt Oxidativer Stress?
Oxidativer Stress kann langfristig zu schweren Erkrankungen führen. Besonders gefährdet sind die Mitochondrien, die Energiezentren der Zellen, sowie die Blutgefäße, deren Schädigung Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose begünstigen kann. Auch das Nervensystem ist betroffen, was das Risiko für Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson erhöht. Erste Anzeichen für erhöhten oxidativen Stress sind häufig Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, ein geschwächtes Immunsystem oder Hautprobleme.
Allgemein ist bekannt das eine ausgewogene Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf und die Reduktion von Stress helfen können helfen, das Gleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien zu bewahren. Meine Lieblingsmethode um Stress zu reduzieren ist meditative Bewegung und Atmung. Der Fokus bei Atmung liegt auf dem Zwerchfell, wozu Martarelli eine Studie durchführte.
Was wurde denn bei der Studie untersucht?
Die Studie bestand aus 16 männlichen Amateur-Radsportler, aufgeteilt in eine DB-Gruppe und eine Kontrollgruppe. Die Intervention verlief wie folgt: Nach einem achtstündigen intensiven Training führte die DB-Gruppe eine Stunde lang Zwerchfellatmung in ruhiger Umgebung durch. Die Kontrollgruppe saß in einer vergleichbaren Umgebung, ohne Atemübungen. Gemessen wurde der Oxidativer Stress (ROMs), die antioxidative Kapazität (BAP), Cortisol und Melatonin wurden zu verschiedenen Zeitpunkten bis 24 Stunden nach der Belastung gemessen.
Die Hauptbefunde in Kurzfassung
- Oxidativer Stress:
- Intensive körperliche Aktivität führte bei allen untersuchten Athleten zu einem signifikanten Anstieg des oxidativen Stresses, gemessen durch reaktive Sauerstoffmetaboliten (ROMs).
- Bei Athleten, die nach dem Training eine Stunde lang Zwerchfellatmung praktizierten, war der oxidative Stress signifikant geringer als in der Kontrollgruppe. Dieser Effekt war besonders 24 Stunden nach der Belastung deutlich. - Antioxidative Kapazität:
Die biologische antioxidative Kapazität (BAP) war bei Athleten, die Zwerchfellatmung ausübten, höher als in der Kontrollgruppe. Dies deutet auf eine verbesserte antioxidative Abwehr hin. - Cortisol:
Die Zwerchfellatmung führte zu einer kurzfristigen Reduktion der Cortisolspiegel nach dem Training. Cortisol ist ein Hormon, das mit Stress und oxidativem Stress assoziiert wird. - Melatonin:
Die Melatoninspiegel, ein starkes Antioxidans, waren bei den Athleten, die Zwerchfellatmung praktizierten, signifikant erhöht.
Was lässt sich jetzt daraus schlussfolgern?
Na ja, eine Zwerchfellatmung reduziert trainingsbedingten oxidativen Stress. Dadurch verbessert sie die antioxidative Abwehr. Das wird in Verbindung mit der Senkung von Cortisol und der Erhöhung von Melatonin gebracht. Diese Methode könnte Athleten helfen, sich schneller von intensiven Belastungen zu erholen und die langfristigen negativen Auswirkungen von freien Radikalen zu vermeiden. Verbinden wir das mal mit der Buteyko-Methode.
Verbindung zur Buteyko-Methode
Die Buteyko-Methode, entwickelt von Konstantin Buteyko, zielt darauf ab, übermäßiges Atmen (Hyperventilation) zu reduzieren. Ähnlich wie die Zwerchfellatmung setzt sie auf eine bewusste Kontrolle des Atems, um die physiologische Balance im Körper wiederherzustellen. Hierbei spielen zwei zentrale Mechanismen eine Rolle:
- CO₂-Mangel und Sauerstoffversorgung: Hyperventilation führt zu einem Verlust von Kohlendioxid (CO₂), was die Sauerstoffabgabe an Zellen erschwert (Bohr-Effekt). Die Buteyko-Methode korrigiert diesen Zustand durch Atemübungen, die CO₂ im Blut erhöhen. Ähnlich könnte die Zwerchfellatmung durch eine tiefe, kontrollierte Atmung dazu beitragen, den CO₂-Spiegel zu stabilisieren und die zelluläre Sauerstoffversorgung zu verbessern.
- Stressreduktion durch Atemkontrolle: Die Studie von Martarelli zeigt, dass Zwerchfellatmung den Cortisolspiegel senkt und die Melatoninproduktion steigert. Diese Effekte können direkt zur Stressreduktion beitragen. Die Buteyko-Methode hebt ebenfalls hervor, dass übermäßiges Atmen Stressreaktionen verstärken kann und durch eine bewusste Atemregulation gemindert werden sollte.
Wie ließe sich das jetzt praktisch anwenden?
Die Ergebnisse der Studie und die Prinzipien der Buteyko-Methode bieten zahlreiche praktische Anwendungen:
- Sport und Regeneration: Du könntest z.B. die Zwerchfellatmung als Regenerationstechnik eingesetzen, um oxidativen Stress zu reduzieren und die Erholung nach intensiven Belastungen zu fördern.
- Prävention chronischer Krankheiten: Da oxidative Prozesse bei Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Asthma eine Rolle spielen, könntest du, falls du dich hier angesprochen fühlst, die Zwerchfellatmung anwenden.
- Schlaf und allgemeine Gesundheit: Die Erhöhung von Melatonin durch Zwerchfellatmung könnte die Schlafqualität verbessern und das Immunsystem stärken.
Ausblick und weitere Forschung
Während die Studie von Martarelli et al. kurzfristige Vorteile der Zwerchfellatmung aufzeigt, könnten langfristige Studien ähnliche Effekte für eine regelmäßige Praxis untersuchen. Zusammenfassend zeigt die Studie, dass bewusste Atemtechniken wie die Zwerchfellatmung nicht nur im Sport, sondern auch in der allgemeinen Gesundheitsförderung ein enormes Potenzial bieten. In Verbindung mit den Erkenntnissen der Buteyko-Methode könnten noch umfassendere Ansätze zur Atemregulierung entwickelt werden.
Literatur:
- Martarelli, D., Cocchioni, M., Scuri, S., & Pompei, P. (2011). Diaphragmatic breathing reduces exercise-induced oxidative stress. Evidence-based complementary and alternative medicine : eCAM, 2011, 932430. https://doi.org/10.1093/ecam/nep169
- Skuban, Ralph (2022). Die Buteyko Methode. Amerang: Crotona Verlag GmbH & Co. KG
Bilder:
- Foto von Meghan Holmes auf Unsplash