Stell dir vor: Du stehst im Wald. Die Vögel zwitschern, der Wind rauscht sanft durch die Blätter, und irgendwo klopft ein Specht gegen einen Baum, vermutlich frustriert über seinen Job. Du atmest tief durch, spürst die feuchte Erde unter deinen Füßen, und plötzlich wird alles ... ruhig.

Und genau hier setzt die Wissenschaft an. Eine Studie von Bratman et al. (2015) zeigt, dass ein 90-minütiger Spaziergang im Grünen nicht nur das berüchtigte Kopfkino namens Rumination (alias Grübeln) reduziert, sondern auch die Aktivität im subgenualen präfrontalen Kortex (sgPFC) drosselt, jener Hirnregion, die uns gerne in negative Gedankenspiralen schickt. Anders gesagt: Der Wald schaltet dein Sorgenkarussell ab. Die Stadt? Nicht so sehr.

Hintergrund der Studie

Die Urbanisierung nimmt weltweit zu. Mehr als 50 % der Menschen leben in Städten, bis 2050 sollen es 70 % sein. Das Stadtleben wird mit höheren Raten psychischer Erkrankungen, insbesondere Depressionen und Angststörungen, in Verbindung gebracht. Ein möglicher Mechanismus für diese negative Wirkung könnte die verringerte Naturerfahrung sein. Frühere Studien zeigen, dass Naturerfahrung mit positiven Effekten auf Stimmung, Stressbewältigung und kognitive Funktionen verbunden ist. Diese Studie untersucht speziell den Zusammenhang zwischen Naturerfahrung, Rumination (grübelnde Gedanken) und neuronaler Aktivität im subgenualen präfrontalen Kortex (sgPFC), einer Hirnregion, die mit Depression und Rückzugsverhalten assoziiert wird.

Die Studie

Es handelte sich um eine kontrollierte experimentelle Studie mit 38 gesunden Erwachsenen (keine psychischen Vorerkrankungen). Die Teilnehmer wurden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Naturgruppe: 90-minütiger Spaziergang in einer natürlichen Umgebung (Grasland mit Bäumen und Sträuchern).
  • Stadtgruppe: 90-minütiger Spaziergang entlang einer belebten Straße in Palo Alto (El Camino Real).

Messungen wurden zum einen über einen Selbstbericht über Rumination eingeholt (Fragebogen „Reflection Rumination Questionnaire“). Zudem wurde die Hirnaktivität in der sgPFC mittels Arterial Spin Labeling (ASL), einer funktionellen Bildgebungstechnik zur Messung des regionalen Blutflusses im Gehirn, gemessen. Außerdem wurden physiologische Parameter wie Herz- und Atemfrequenz zur Kontrolle von möglichen Einflüssen durch körperliche Aktivität festgehalten.

Was kam heraus?

  • Reduktion der Rumination: Teilnehmer der Naturgruppe berichteten über eine signifikante Abnahme von grübelnden Gedanken nach dem Spaziergang, während es in der Stadtgruppe keine Veränderung gab.
  • Verminderte Aktivität im sgPFC: Die funktionelle Bildgebung zeigte, dass nach dem Naturspaziergang die Aktivität im sgPFC reduziert war, während sie in der Stadtgruppe unverändert blieb.
  • Keine Unterschiede in physiologischen Parametern: Unterschiede zwischen den Gruppen konnten nicht durch körperliche Aktivität erklärt werden, da Herz- und Atemfrequenz sich nicht signifikant unterschieden.

Was heißt das nun genau?

Die Ergebnisse legen nahe, dass Naturerfahrung eine direkte, messbare Auswirkung auf psychische Prozesse hat, indem sie Rumination reduziert und eine übermäßige Aktivität im sgPFC dämpft. Diese Mechanismen könnten erklären, warum regelmäßiger Kontakt mit Natur das Risiko für psychische Erkrankungen senkt. In urbanen Gebieten könnte der Zugang zu Grünflächen eine wichtige Ressource für die psychische Gesundheit darstellen. Die Studie liefert somit neurobiologische Evidenz für die positiven Effekte der Natur auf das emotionale Wohlbefinden.

Fazit der Studie

Diese Studie zeigt, dass ein 90-minütiger Spaziergang in der Natur nicht nur subjektiv das Grübeln verringert, sondern auch objektiv zu einer reduzierten Aktivität in einer Hirnregion führt, die mit Depression und Selbstreflexion in Verbindung steht. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Naturerfahrungen für das psychische Wohlbefinden, insbesondere in einer zunehmend urbanisierten Welt.

Aber Moment mal – Natur hilft gegen Overthinking? Ach was! Das wussten Qi-Gong-Meister schon vor Jahrhunderten.

Der erste Brokat: Die Hände heben, um den Himmel zu stützen

Im Qi Gong gibt es die Acht Brokate, eine Reihe von Übungen, die Körper und Geist in Einklang bringen sollen. Die erste davon – Den Himmel stützen – ist im Grunde eine dynamische Version des Waldatmens. Du stehst aufrecht, atmest tief ein, hebst die Hände über den Kopf, als würdest du den Himmel nach oben drücken, und dann lässt du sie langsam wieder sinken.

Klingt einfach? Ist es auch. Aber genau wie der Wald hilft diese Bewegung, die Atmung zu vertiefen, den Geist zu beruhigen und den Körper aus der „Ich-sitze-zu-viel-am-Schreibtisch“-Starre zu befreien. Kombinierst du das mit einem Spaziergang im Grünen, hast du das perfekte Rezept gegen Stress – oder wie ich es nenne: ein kostenloses Upgrade für dein Nervensystem.

Warum das funktioniert?

  • Na ja, der Wald senkt dein Stresslevel, reduziert dein Grübeln, verbessert deine Stimmung.
  • Und, die Bewegung in Form von Qi Gong oder langsames Gehen aktiviert den Parasympathikus (die „Chill-out-Abteilung“ des Nervensystems).
  • Kombiniert einfach MEGA!!! Achtsame Bewegung in der Natur ist wie ein neuronaler Reset-Knopf – und günstiger als eine Therapie oder ein Wellness-Wochenende in der Toskana.

Einfach mal machen!

Falls du dich das nächste Mal dabei erwischst, wie du über das Leben, die Steuererklärung oder dein letztes peinliches Gespräch nachdenkst – geh raus. Stell dich auf eine Lichtung, atme tief ein, hebe die Arme, als würdest du den Himmel auf deine Schultern nehmen, und lass alles los. Der Wald hilft. Qi Gong hilft. Und das Beste daran? Die Natur verlangt keine Krankenkassenkarte.

Literatur:

  • Bratman, G. N., Hamilton, J. P., Hahn, K. S., Daily, G. C., & Gross, J. J. (2015). Nature experience reduces rumination and subgenual prefrontal cortex activation. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 112(28), 8567–8572. https://doi.org/10.1073/pnas.1510459112

Bilder:

  • das Bild ist in Neuburg an der Donau entstanden. Was denkt du, habe ich dort wohl gemacht?!? 🙂