Durch Sport wird der Körper trainiert. Dadurch steigt die körperliche Leistungsfähigkeit. Das ist allgemein bekannt. Dazu gibt es unzählige Bücher, Studien und Trainings. Jetzt kann mit Sport das Stresslevel gesenkt werden, so mag man sich fragen, kann mit Sport auch das Glückslevel gesteigert werden. Petra Jansen und Sabine Hoja geben in ihrem Buch “Glücklich durch Sport?: Eine wissenschaftliche Betrachtungsweise” (2020) eine Antwort. Die Autoren befassen sich eingangs mit dem Konzept Glück und verschiedenen Ansätzen. Anschließend schauen sie sich wissenschaftliche Methoden und Neurotransmitter und Hormone an. Schließlich vergleichen sie mehrere Sportarten miteinander und gehen auch auf die Schattenseiten von Sport ein. Ich möchte mit diesem Artikel ein paar spannende Punkte dieses Buches herausgreifen.

Flow

Anfangen möchte ich mit dem Begriff Flow. Flow beschreibt ein Gefühl sich in einem fließenden bzw. schwebenden Zustand zu fühlen. (Csikszentmihalyi, 1995). Beispiele hierfür wären: „Ich denke beim Schwimmen an gar nichts“, oder, „Es fühlt sich an, als läuft es sich wie von alleine“. Um in diesen Zustand zu kommen, bedarf es jedoch einiges zu beachten. Ist die körperliche Herausforderung zu niedrig und sind gleichzeitig deine Fähigkeiten für diese Herausforderung nicht vorhanden, resultiert dies in Teilnahmslosigkeit. Solltest du die Fähigkeiten besitzen, entsteht schnell Langeweile. Sind die Herausforderungen allerdings und dir mangelt es an Fähigkeit, dann erzeugt dies schnell Angst. Wenn du auch noch die Fähigkeit besitzt, mit dieser Herausforderung umzugehen, so entsteht Flow. Anbei noch einmal in Kürze:

  • Herausforderung (hoch) + Können (hoch) = Flow
  • Herausforderung (hoch) + Können (niedrig) = Angst
  • Herausforderung (niedrig) + Können (hoch) = Langeweile
  • Herausforderung (niedrig) + Können (niedrig) = Teilnahmslosigkeit

Flow basiert auf einer intrinsischen Bewertung und ist geprägt durch Neuheit, Erkundung und Experimentieren. Intrinsisch bedeute, dass die Belohnung nicht von außen kommt, sondern alleine aus dem Tun heraus entsteht. Daraus entsteht eine mühelose Aufmerksamkeit, eine Abwesenheit von kritischen Gedanken und somit ein optimales Erregungsniveau für Glücksempfinden.

Depression und körperliche Aktivität

Es ist jedoch nicht nur die Anwesenheit von Glück, sondern auch die Abwesenheit von emotionalen Störungen. (Harvey et al., 2018). Alleine die Entscheidung, sich keiner körperlichen Aktivität hinzugeben, erhöht das Risiko eine Depression zu entwickeln, im Vergleich zu Menschen, die regelmäßig 1-2x/Woche einer körperlichen Aktivität nachgingen. Ein präventiver Effekt wird bereits bei geringer Aktivität von ca. einer Stunde pro Woche nachgewiesen.

Machen Sportvereine glücklicher?

Balish et al. (2016) konnte herausfinden, dass Mitglieder von Sportvereinen ein höheres Glücksempfinden aufwiesen als Mitglieder einer religiösen, politischen oder künstlerischen Gemeinschaft. Allerdings ist es nur ein Zusammenhang und keine Kausalität.

Gibt es den körperliche Korrelate für Glück?

In der Tat. Sie nennen sich Hormone und Neurotransmitter. Dopamin ein Neurotransmitter, zuständig für Motivation u. Belohnungserwartung wäre einer. Eine positive Stimmung korreliert mit hohem Dopaminlevel u. dadurch bessere kognitive Leistungen (Ashby & Isen, 1999). Ein Mangel an Dopamin erzeugt Antriebslosigkeit, Trägheit und Aufmerksamkeitsstörungen (Ruhé, Mason & Schene, 2007). Hier kommt wieder der Sport ins Spiel. Regelmäßiger moderater Sport erhöht das Dopamin Level (Sutoo & Akiyama, 2003). Nicht nur Dopamin ist wichtig, sondern auch Serotonin.

Serotonin, gleichzeitig Hormon und Neurotransmitter sorgt für die allgemeine Stimmung. Ein Mangel geht mit verschlechterter Stimmung einher (Ruhé, Mason & Schene, 2007). Es konnte herausgefunden werden, dass Bewegung an der Sonne einen positiven Einfluss auf die Stimmung hat, und genau dadurch kann Serotonin besser an die Rezeptoren andocken (Spindelegger et al., 2012), was wiederum mit verbesserter Stimmung einhergeht.

Neben Serotonin ist Oxytocin ebenfalls ein Hormon und Neurotransmitter. Es ist für soziale Bindung zuständig und mildert gleichzeitig die Ausschüttung von Cortisol. Dadurch führt es zu einer gesteigerten Entspannungsfähigkeit (Uvnäs-Moberg, 1998). Bewegung zusammen mit liebevollen anderen bzw. entspannende Bewegungen (z.B. Yoga) führen zu einem Anstieg an Oxytocin, und somit zu einer Verminderung an Cortisol.

Noradrenalin, ein Hormon und Neurotransmitter, ist allgemein bekannt für das Stressempfinden und die Stressregulation. Körperliche Aktivitäten steigern die Noradrenalinproduktion, d.h. es wirkt dem Entstehen einer Depression diametral entgegen. Bewegung kann somit als Antidepressivum verstanden werden, welches dafür sorgt, das Noradrenalin Konzentrationen länger im synaptischen Spalt verweilen (Bear et al., 2018).

Und schließlich der Neurotransmitter Endocannabinoid. Er ist für die Auflösung von Ängsten und Verminderung von Schmerzempfinden zuständig. Kennst du noch den Begriff Runner´s High? Die sogenannten Effekte des Runner´s High sind nicht durch Endorphine sondern durch Endocannabinoide ausgelöst (Fuss et al., 2015). Körperliche Aktivität (z.B. Laufen, Ergometer) von ca. 50 Min. mit ca. 70-80 % der maximalen Herzfrequenz aktivieren dieses System (Sparling et al., 2003).

Das waren mal ein paar Einblicke in die Welt der Hormone und Neurotransmitter. Schauen wir uns noch drei Sportarten an.

Beispiel Laufen

Weltweit ist Laufen sehr beliebt. Es ist überall durchführbar. Es besteht ein geringer finanzieller Aufwand. Die Zeit kann flexibel eingeteilt werden. Die Auswirkungen sind auf jeden Fall erwähnenswert: Reduktion Herzinfarktrisiko, niedrigerer Ruhepuls, höhere Lungenkapazität (Bartmann, 2009), Training der Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit sowie Koordination. Dies konnte auch durch die Endocannabinoid Theorie bestätigt werden (Fuss et al., 2015). Zusätzlich dazu erfährt ein Mensch durch Sport Kontrollerfahrungen, welche subjektiv sind. Durch die wiederholte Erfahrung steigt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dieses Vertrauen kann dann auf Alltagssituationen übertragen werden. Alternativ kann der Mensch, der nicht Joggen gehen kann auch langsam laufen oder Spazierengehen.

Beispiel Schwimmen

Schwimmen ist auch weltweit sehr beliebt. Auch hier besteht ein geringer finanzieller Aufwand. Zudem ist es sehr gelenkschonend und es wirklich leicht zu erlernen. Die Wirkungen vom Schwimmen sind ziemlich gut. Es kommt zu einer Beschleunigung von orthopädischen Heilungsprozessen im Körper aufgrund von ca. 90% weniger Gelenkbelastung im Körper (Jansen & Hoja, 2020). Es kann als Therapieergänzung bei Krebs, Bluthochdruck und Rheuma herangezogen werden (Kozel, Schmitz & Wilke, 1998). Zudem verbessert sich die Körperwahrnehmung was sich positiv auf die Stressverarbeitung auswirkt (Konrad, 2017). Als Alternativ wären das Bewegungsbad bzw. die Wassergymnastik möglich.

Beispiel Tanzen

Evolutionsbiologisch zählt Tanzen zu den ästhetischen Bewegungsformen. Tanzen hat sehr viel Rhythmus zu tun und löst somit auch Resonanz insbesondere mit anderen aus. Es stärkt somit soziale Verbindungen. Fitnessspezifisch schult es Ausdauer, Kraft, Koordination, Beweglichkeit und Schnelligkeit. Dadurch wird auch das Selbstvertrauen gestärkt, aufgrund einer Verbesserung der Körperwahrnehmung. Es hat das Potential, Stress, Depression und Angstzustände zu mindern. Tanzen erhöht die funktionelle Plastizität des Gehirns (Aye, 2017) und ist somit einem monotonen Fitnesstraining vorzuziehen. Somit kann regelmäßiges Tanzen die Wahrscheinlichkeit an einer Demenz zu erkranken senken (Binetti et al., 2011)

Ich denke, das waren einige Eindrücke von dieser interessanten Lektüre. Kann Bewegung, bzw. Sport, als Ressource dienen? Ich denke, dieser Artikel gibt eine Antwort auf diese Frage.

Literatur:

  • Ashby, F.G. & isen, A.M. (1999). A neuropsychological theory of positive affect and its influence on cognition. Psychological Review, 106 (3), 529-550.
  • Aye, N., Dordevic, M., Hökelmann, A., Kaufmann, J., Müller N.G., Müller, P. et al. (2017). Dancing or Fitness Sport? The Effects of two training programms on Hippocampal Plasticity and Balance Abilities in Healthy Seniors. Frontiers in Human Neuroscience, 11 (305).
  • Balish, S.M., Conacher, D. & Dithurbide, L. (2016). Sport and recreation are associated with happiness across countries. Research Quarterly for Exercise and Sport, 87, 382-388.
  • Bartmann, U. (2009). Laufen und Joggen für die Psyche. Ein Weg zur seelischen Gelassenheit. Tübingen: DGVT
  • Bear, M.F., Connors, B.W. & Paradiso, M.A. (2018). Neurowissenschaften: Ein grundlegendes Lehrbuch für Biologie, Medizin und Psychologie. Berlin: Springer Spektrum
  • Binetti, C., Flanagin, V.-L., Hamilton, D.-A., Hüfner, K., Linn, J., Stephan, T. et al. (2011). Structural and functional plasticity oft he hippocampal formation in professional dancers and slackliners. Hippocampus, 21(8), 855-865.
  • Czikszentmihalyi, M. (1995). Flow. Das Geheimnis des Glücks. Stuttgart: Klett-Cotta
  • Fuss, J., Steinle, J., Bindila, L., Auer, M.K., Kirchherr, H., Lutz, B. et al. (2015). A runner´s high depends on cannabinoid receptors in mice. Proceedings oft he national acadmey of sciences, 112 (42), 13105-13108.
  • Harvey, S.B., Overland, S., Hatch, S.L., Wessely, S., Mykletun, A. & Hotopf, A. (2018). Exercise and the prevention of depression: Results oft he HUNT cohort study. American Journal of Psychiatry, 175, 28-36.
  • Jansen, P. & Hoja, S. (2020). Glücklich durch Sport. Bern: Hogrefe
  • Konrad, C. (2017). Therapie der Depression. Berlin: Springer
  • Kozel, J., Schmitz, J. & Wilke, K. (1998). Gesund durch Schwimmen: Chancen, Risiken und Programme. Schorndorf: Karl Hofmann.
  • Ruhé, H.G., Mason, N.S. & Schene, A.H. (2007). Mood is indirectly related to serotonin, norepinephrine and dopamine levels in humans: a meta-analysis of monoamine depletion studies. Molecular Psychiatry, 12 (4), 331-359.
  • Sparling, P.B., Giuffrida, A., Piomelli, D., Rosskopf, L. & Dietrich, A. (2003). Exercise activates the endocannabinoid system. Neuroreport, 14 (17), 2209-2211.
  • Spindelegger, C., Stein, P., Wadsak, W., Fink, M., Mitterhauser, M., Moser, U. et al. (2012). Light-dependent alteration of serotonin-1A receptor binding in cortical and subcortical limbic regions in the human brain. The world journal of biological Psychiatry, 13 (6), 413-422.
  • Sutoo, D.E. & Akiyama, K. (2003). Regulation of brain function by exercise. Neurobiology of disease, 13 (1), 1-14.
  • Uvnäs-Moberg, K. (1998). Antistress pattern induced by oxytocin. Physiology, 13 (1).