Feldenkrais ist eine Philosophie der Freiheit, eine praktische Philosophie. Feldenkrais eröffnet einem Menschen Möglichkeiten, sich im Leben als freier wahrzunehmen. Feldenkrais benutzt Bewegung als das Medium, diese Möglichkeiten näher zu erfahren. 

Das Fenster der Entwicklung

Schaffen wir es, unseren Wahrnehmungshorizont zu erweitern und ihn mit sprachlichen Konzepten zu beschreiben, um ihn uns und anderen mitzuteilen, so kann dadurch ein komplett neues Handlungsbild entstehen. Nun wissen wir den Unterschied zwischen schwer und leicht nicht nur aus Büchern, sondern auch aus uns heraus. Obwohl unser primäres Umfeld, die Eltern, und unser sekundäres Umfeld, die Gemeinschaft/Gesellschaft, uns in gewisser Weise prägen, gibt es immer noch ein Fenster für Entwicklung. Es mag klein sein, doch steht es für ziemlich lange Zeit offen. Es obliegt uns, es zu nützen, um uns von dem Gefühl des Geworfen-Seins, hinein in die Welt, zu verabschieden.

Zu wissen was wir tun

Individuelles Lernen schafft es, unsere natürlichen neuromuskulären Beziehungen, welche jenseits unser gewohnheitsmäßigen Muster liegen, besser zu spüren und zu verstehen und somit wieder zu integrieren. Wir kreieren eine Einheit mit unserem Skelett, benutzen unser Nervensystem in solch einer Manier, dass unsere Muskeln uns mit Leichtigkeit durchs Schwerefeld navigieren.

“Erst wenn du weißt, was du tust, kannst du tun, was du willst.” Moshé Feldenkrais

Wie Moshé Feldenkrais schon so schön sagt, erst wenn wir wissen, was wir tun, erst dann gibt es die Möglichkeit an Optionen zu arbeiten, die Freiheit zu erweitern. Was wäre eine Möglichkeit, daran zu arbeiten?

Eine kulturelle konzeptionelle Differenzierung

Ein Kind wird geboren, eingebettet in ein soziales Umfeld, sich noch nicht als Individuum wahrnehmend. Durch Sprache entwickelt sich langsam aber sicher das kulturelle Konzept des Ichs heraus. Dies passiert in den ersten drei Jahren. Sobald dieses Konzept steht, sieht sich das Kind als eigenständiges Wesen. Auch die Menschen um sich herum, sieht es als eigenständige Wesen an. Gibt uns nun Bewusstheit auch die Freiheit, eine Wahl zu treffen und uns in dieser Wahl als freie Wesen wahrzunehmen? Dazu möchte ich kurz auf zwei die Beschreibungssysteme eingehen.

Erste Person und Dritte Person

Wir können Sachverhalte in der Erste-Person-Perspektive (subjektive Wahrnehmung) und Dritte-Person-Perspektive (Wissenschaft) beschreiben. Untersuchungsgegenstand und Untersuchender sind in der Dritte-Person- Perspektive nicht identisch. In der Dritte-Person-Perspektive werden natürliche Phänomene beschrieben, z.B. wir beobachten, dass ein Apfel, den wir mit der ausgestreckten Hand halten Richtung Boden fällt, sobald wir ihn loslassen. In der Erste-Person-Perspektive werden soziale Realitäten beschrieben. Wir beschreiben Inhalte wie Gefühle und Gedanken unserer selbst, z.B. das wir uns nun schlecht fühlen, da wir diesen Apfel, den wir soeben haben fallen lassen, essen wollten. Dieser Bereich bedient sich einem anderem Vokabular.

Eine gemeinsame Sprache?

Allein eine gemeinsame Sprache zu finden, welche zwischen beiden Systemen eine Brücke baut, scheint schwierig zu sein, denn beide Systeme müssten sich Wörter des anderen Bereichs zu Nutze machen, z.B. das Wort Aufmerksamkeit, welches sehr wohl in der Sprache der Psychologie zu finden ist, jedoch nicht in der Sprache der Neurowissenschaft, in dem neuronale Korrelate beschrieben werden. Die Hirnforschung leidet hier an einem adäquaten Beschreibungssystem, denn aus der Dritte-Person-Perspektive lassen sich keine subjektiven Phänomene, wie z.B. Intentionalität beschreiben. Dies ist eine Theorie des Geistes, d.h. Identifikation von Phänomenen die nur über subjektive Erfahrungen wahrnehmbar sind und in Sprache zu fassen sind. Genau diese kulturellen Konstrukte erlauben es uns die Realität anders zu erfahren.

Feldenkrais als Sprache zu sich selbst

Auch die Feldenkrais Methode kann als Sprache verstanden werden. Wir sprechen hierbei zwar nicht verbal mit einer anderen Person, sondern eher mit uns selbst. Es gleicht einer experimentellen, explorativen und monologischen Sprache. In dieser erforschenden Sprache begibst du dich hinein in einen Lernprozess. Dieser Lernprozess trägt zu deinem Wachstum bei. Du findest eventuell heraus, wie du dich fühlst, wenn du gewisse Dinge spürst. Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen. Vielleicht hetzt du von einem Ort zum anderen, aufgrund von Zeitdruck. Du willst den Zug nicht verpassen. Jetzt legst du deine Wahrnehmung auf die Koordination deiner Beine und spürst eine gewisse Spannung. Diese Spannung hast du eventuell schon seit geraumer Zeit. Überdies bringt diese Spannung ein gewisses Gefühl hervor, z.B. du fühlst dich niedergeschlagen. Nun weißt du ein Stückchen mehr von deinen Eigenheiten. Du bist gewachsen. Mit Sprache, auch wenn diese selbstbezogen ist, beschreibst du Erfahrungen. Deine eigenen! Dies ist höchst individuell und somit sehr unterschiedlich. Du analysierst weniger, du differenzierst mehr. Du stellst Beziehungen her zwischen dem, was du spürst und dem, was du dabei fühlst. Feldenkrais kann somit als ein Dialog gesehen werden. Ein Dialog zwischen deinem Spüren und deinem Fühlen.

Ich drücke Dir alle Daumen dabei auf dem Weg zu mehr Freiheit! Auf einen spannenden Dialog!