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Die Erde ist das Potenzial – Meditation als Weg zum Wachstum

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Vor kurzen las ich mal wieder ein Buch (Achtung pun intended). Es lautete “Wer sich verändert, verändert die Welt” von Christophe André, Jon Kabat-Zinn, Matthieu Ricard & Rabhi, Pierre. Den letzten Autor kannte ich bis dato noch nicht. Die anderen drei finde ich einfach nur phänomenal. Zumal ich nach Kabat-Zinn arbeite und die Ideen von André und Ricard anwende, war es eigentlich schon entschlossen, dieses Buch zu lesen. Jetzt ist es ja so, dass da draußen viele Menschen andere Menschen verändern möchten. Ich zähle mich da hinzu. Nicht wenige Beziehung gingen schon in die Brüche, genau deswegen. Einen anderen Menschen zu ändern, das kann es nicht sein. Einen anderen Menschen behilflich sein, aus freien Stücken, schon eher. Keine leichte Sache, doch eine sehr lohnenswerte, denn damit wird genau der Titel des Buches angesprochen. Die Menschen, die an sich arbeiten, ändern sich und somit die Welt. Und wie geht das jetzt?

Der Samen im Boden: Das ungenutzte Potenzial

Was mich hier in der Tiefe angesprochen hat, sind die folgenden Zeilen:

„Die Samen sind in der Erde, das Potenzial ist da. Nun müssen wir diese Samen regelmäßig mit der nötigen Menge Wasser versorgen. Dazu müssen wir nur unser Herz öffnen. Weil es uns Menschen aber schwerfällt, achtsam zu sein und zu bleiben, müssen wir uns in Achtsamkeit schulen, und dies nicht nur dann, wenn wir gerade im Stress sind, sondern regelmäßig und jeden Tag” (André et al., 2014, S. 77f)

Die Erde birgt das Potenzial für neues Leben, und tief in ihr ruhen Samen, die nur darauf warten, zu keimen. Dieses Bild ist eine kraftvolle Metapher für das menschliche Leben. Unsere Potenziale und Möglichkeiten liegen oft unentdeckt in uns verborgen, ähnlich wie Samen in der Erde. Doch wie diese Samen brauchen auch wir die richtigen Bedingungen, um zu wachsen. Meditation ist ein Schlüssel, um dieses Wachstum zu ermöglichen. Sie ist der Weg, der es uns erlaubt, mit unseren innersten Ressourcen in Kontakt zu treten und sie zu aktivieren.

Stille als Nährboden

Dies erinnerte mich an einen Artikel, welchen ich vor einiger Zeit geschrieben habe. Stille und Einsamkeit. Darauf beziehe ich mich auch hier in diesem Artikel. In einer Welt voller Ablenkungen ist Stille ein seltenes Gut. Doch wie Erling Kagge (2018) treffend bemerkt, ist Stille nicht nur ein Zustand äußerer Ruhe, sondern auch eine innere Erfahrung. Diese innere Stille ist der Boden, auf dem unsere Samen des Potenzials gedeihen können. Wenn wir innehalten und unseren Geist beruhigen, schaffen wir Raum für Reflexion und Einsicht.

„Die besten Dinge im Leben sind manchmal umsonst. Die Stille, die mir vorschwebt, findest du dort, wo du bist und wenn du es willst, in deinem Kopf.“ (Kagge, 2018)

Meditation: Der Weg der Bewässerung

Meditation ist wie das Gießen der Samen. Sie hilft uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und eine tiefe Verbindung zu uns selbst herzustellen. Doch warum fällt es uns oft so schwer, diese einfache Praxis in unser Leben zu integrieren? Die Antwort liegt in den Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der Stille oft als Untätigkeit missverstanden wird. Doch gerade in der Ruhe liegt die Kraft, wie Michael Bordt hervorhebt:

„Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“ (Pascal, zitiert in Bordt, 2017)

Freiheit durch Innenschau

Echte Freiheit beginnt im Inneren. Wenn wir uns von äußeren Zwängen lösen und unsere inneren Hindernisse überwinden, öffnen wir die Tür zu einem authentischen Leben. Doch dieser Prozess erfordert Mut und die Bereitschaft, sich mit den eigenen Ängsten und Schwächen auseinanderzusetzen. Wie Brigitte Koch-Kersten (2021) betont, ist der Weg zur Selbstbejahung geprägt von der Annahme aller Gefühle und Abwehrmechanismen. Meditation bietet uns hier ein Werkzeug, um diese Akzeptanz zu üben und unser inneres Potenzial freizulegen.

Die Rolle der Einsamkeit

Einsamkeit ist oft eine gefürchtete Erfahrung, doch sie birgt eine Chance zur Transformation. John Cacioppo (2008) beschreibt Einsamkeit als einen Zustand, der uns auf unsere soziale Natur hinweist, aber auch die Möglichkeit bietet, uns selbst besser zu verstehen. Egozentrismus ist, wenn ich mich nur um mich drehe. Egoismus hingegen bedeutet, dass ich mich um mich kümmere. Meditation hilft uns, diesen heilsamen Egoismus zu entwickeln, indem sie uns lehrt, achtsam mit uns selbst umzugehen.

Meditation als Brücke zwischen Innen- und Außenwelt

Krishnamurti (André et al., 2014) hat einmal gesagt, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen unserer Innenwelt und der Außenwelt gibt. Meditation ist ein Werkzeug, das uns hilft, diese Verbindung zu erkennen und zu vertiefen. Wenn wir im gegenwärtigen Moment ganz präsent sind, entdecken wir, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind. Diese Erkenntnis verändert nicht nur uns, sondern auch unsere Beziehung zur Welt. Die Meditation hilft dabei, zu erkennen, dass Sie selbst die wichtigste Autorität in Ihrem Leben sind.

Praktische Ansätze: Wie Meditation Samen wachsen lässt

Wie können wir Meditation nutzen, um unser Potenzial zu entfalten? Hier sind einige praktische Ansätze:

  • Regelmäßigkeit: Meditation wirkt am besten, wenn sie Teil unseres Alltags wird. Beginne mit wenigen Minuten pro Tag und steigere die Dauer allmählich.
  • Stille finden: Ob in der Badewanne, auf dem Balkon oder im Wald – suche dir einen Ort, an dem du zur Ruhe kommen kannst
  • Achtsamkeit üben: Konzentrieren dich auf deinen Atem, deine Körperempfindungen oder die Klänge deiner Umgebung. Achtsamkeit hilft, im Hier und Jetzt zu bleiben.
  • Akzeptanz entwickeln: Lasse alle Gedanken und Gefühle zu, ohne sie zu bewerten. Dies ist ein Schlüssel zur Selbstannahme und inneren Freiheit.

Fazit: Der Weg zur Veränderung beginnt in uns

Die Erde ist das Potenzial, und die Samen stecken bereits in uns. Meditation ist der Weg, diese Samen wachsen zu lassen und unser Leben zu verändern. Sie eröffnet uns die Möglichkeit, uns selbst zu erkennen, innere Stille zu finden und eine tiefere Verbindung zur Welt herzustellen. Indem wir uns regelmäßig der Meditation widmen, können wir lernen, die wichtigste Autorität in unserem Leben zu sein – und damit nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch die Welt positiv zu beeinflussen.

Literatur:

  • André, Christophe; Kabat-Zinn, Jon; Ricard, Matthieu & Rabhi, Pierre (2014). Wer sich verändert, verändert die Welt. München: Kösel Verlag
  • Bordt, Michael SJ (2017). Die Kunst, sich selbst auszuhalten. Hamburg: ZS Verlag
  • Cacioppo, John T. & Patrick, William (2008). Loneliness: Human nature and the need for social connection. New York: W.W. Norton
  • Kagge, Erling (2018). Stille. Berlin: Insel Verlag
  • Koch-Kersten, Brigitte (2021). Personenzentrierte Traumatherapie. Kröning: Asanger Verlag

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