Der Wecker klingelt, die Augen öffnen sich langsam – ein neuer Tag beginnt. Doch was folgt nach dem Aufstehen? Heute dachte ich an resistente Stärke. What?!? Du meinst Kartoffeln, die gekocht sind, oder? Ja, mehr oder weniger. Rollen wir das mal ein wenig auf.

Resistente Stärke ist eine spezielle Form von Stärke, die vom Körper nicht oder nur schwer verdaut werden kann, ähnlich wie Ballaststoffe. Sie entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Nudeln oder Reis nach dem Kochen abkühlen. Durch diesen Prozess verändert sich die Struktur der Stärke und wird unverdaulich. Selbst erneutes Erhitzen verändert das nicht. Diese resistente Stärke hat weniger Kalorien als normale Stärke, sättigt länger, senkt den Blutzuckerspiegel langsamer und wird im Dickdarm fermentiert, wobei Butyrat entsteht, eine Fettsäure, die die Darmgesundheit fördert und Entzündungen vorbeugt. Typische Beispiele sind Kartoffeln oder Nudeln vom Vortag, die nicht nur kalorienärmer, sondern auch darmfreundlicher sind, solange man sie nicht mit zu viel Fett oder Käse kombiniert. Ideal sind z. B. Salate mit Essig-Öl oder Joghurt. Damit sich resistente Stärke bildet, sollten die Speisen mindestens 12 Stunden abkühlen, am besten im Kühlschrank, um hygienische Risiken zu vermeiden.

Soviel erst einmal zu resistenter Stärke. Was könnte das nun mit meiner Arbeit hier zu tun haben? Ich schreibe ja von Breathe - Move - Believe. Resistenz bedeutet ja Widerstandsfähigkeit. Wenn wir jetzt Resistenz und Ressourcen miteinander in Verbindung bringen, wird es spannend. Ressourcen sind laut Nestmann (1996) Quellen, welche ein Mensch braucht, um Probleme zu lösen, Zielen näher zu kommen oder um mit alltäglichen Schwierigkeiten besser zurecht zu kommen. Mit Ressourcen schaffen Menschen sich einen Möglichkeitsspielraum, in dem sie mit unangenehmen Stimuli umgehen können. Es ist letztlich alles, was von einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird oder als hilfreich erlebt wird. Diese Ressourcen sollen ja nicht in der Luft verpuffen, daher brauchen wir auch Resistenz, also die Fähigkeit selbstschädigende Gedanken bzw. Glaubenssätze zu erkennen und abzuwehren bzw. in eine konstruktive Richtung umzulenken.

Resistente Gedanken – Wenn das Leben abkühlt

Manche Gedanken sind wie frisch gekochte Kartoffeln. Weich. Heiß. Vertraut. Kaum aus der Erinnerung gehoben, fluten sie den Geist. Schnell, heißblütig, direkt aus dem Topf unserer Geschichte. „Ich bin nicht genug.“ „Das Leben ist ein Kampf.“ „Wenn ich loslasse, verliere ich.“ Solche Sätze haben wir nicht erfunden. Wir haben sie gegessen. Haben sie geschluckt, weil sie da waren, warm serviert in Kindheit und Schule. Aber wie mit Stärke, so auch mit Gedanken. Nicht alles, was leicht verdaulich scheint, tut uns gut. Und nicht alles, was kalt geworden ist, hat seinen Wert verloren.

Wenn man Kartoffeln abkühlen lässt, verändert sich ihre Struktur. Sie werden schwerer verdaulich, ja – aber auch stabiler, gesünder. Sie nähren anders. Langsamer. Tiefer. Sie widerstehen dem schnellen Zugriff. So auch mit inneren Überzeugungen. Wenn du sie nicht sofort glaubst, nicht reflexhaft reagierst, sondern sie abkühlen lässt – über Nacht, über Gespräche, über Stille – dann beginnt etwas in dir, sich neu zu formen. Die heißen Sätze von früher wandeln sich. Sie verlieren ihr Drängen. Du schaust sie an, nicht als Wahrheit, sondern als Rezept. Und plötzlich darfst du umschreiben. Eine alte Überzeugung ist wie ein Vortagsgericht. Erst mit etwas Abstand wird sie nahrhaft – wenn du sie neu anrichtest, mit Essig vielleicht, oder einem Löffel Klarheit. Nicht mit Käse überbacken aus Selbstmitleid, nicht in Fett frittiert aus Trotz.

Resistente Gedanken sind nicht hart – sie sind durchdacht. Sie geben dir nicht sofort Energie – aber sie halten länger. Sie sind ballaststoffreich fürs Bewusstsein. Sie fördern ein seelisches Mikrobiom, in dem Vertrauen wächst statt Angst, Stille statt Lärm, und Wahrheit statt Wiederholung. Lass deine Gedanken reifen. Gib ihnen Zeit. Nicht jeder Glaubenssatz muss geglaubt werden. Nicht bei jeder Emotion muss sofort gehandelt werden. Und manchmal ist der klügste Schritt: Einfach abkühlen lassen!

Literatur:

  • Nestmann, Frank (1996). Psychosoziale Beratung – ein ressourcentheoretischer Entwurf. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis. 28(3), S. 359–376. ISSN 0721-7234

Bilder: