„In der Haltung des Körpers verrät sich der Zustand des Geistes. Durch die Körperbewegung spricht gleichsam des Geistes Stimme.“ Ambrosius

Was ist eigentlich eine optimale Haltung?

Aus der Feldenkrais Perspektive ist eine optimale Haltung diejenige, bei der ein geringer Kraftaufwand, beziehungsweise eine geringe Muskelarbeit nötig ist, um diese Haltung für einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten. Man könnte sagen, wir stehen wie von alleine. Optimal ist hier individuell zu verstehen, d.h. optimal ist für jeden Menschen anders. Unser Körper wirkt der Schwerkraft entgegen wozu er Muskeln benötigt. Je geringer die Muskeln verspannen, um der Schwerkraft entgegenzuwirken, desto optimaler die Haltung. Es besteht also eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen den Muskeln. Wir können dies auch von einer anderen Seite aus betrachten. Jede Bewegung ist auch eine Muskelbewegung. Wenn wir zu jeder Zeit, in alle Richtungen Bewegungen initiieren können, ohne vorbereitende Handlungen zu treffen, ohne den Atemrhythmus zu ändern, ohne den Nacken, den Kiefer oder die Augen mehr anzuspannen als nötig, sprechen wir von optimaler Haltung.

  • Optimale Haltung, bzw. optimale Bewegung ist dann gegeben wenn diese uns leicht vorkommt, wenn wir mit den geringsten muskulären Aufwand tun können, was wir möchten.
  • Ein weiterer Punkt ist die Abwesenheit von Widerstand. Widerstand kann auch als Kreuzmotivation verstanden werden. Kreuzmotivation??? Hiermit ist gemeint, das wenn ich eine Bewegung ausführe, nur die Muskeln dafür benutze, die ich wirklich brauche. Die anderen Muskeln hemme ich. Sollte ich jedoch die anderen Muskeln auch benutzen, so sprechen wir von Kreuzmotivation.
  • Reversibilität! Wenn ich eine Bewegung ausführe und fähig bin, die gleiche Bewegung rückgängig zu machen, so sprechen wir von Reversibilität. Ich liege z.B. am Boden und komme zum Stehen. Wenn ich mich jetzt wieder hinlegen würde, würde ich es auf die gleiche Art und Weise machen, wie ich aufstand? Wenn dies der Fall ist, dann haben wir eine sehr gute Koordination in der Bewegung. Reversibilität setzt voraus, das wir zu einem guten Wechselspiel von Anspannung und Hemmung der Muskulatur fähig sind.
  • Der letzte Punkt ist die Verbindung von Atmung und Bewegung. Sobald wir den Atem anhalten bzw. ändern, um eine Tätigkeit auszuführen, sprechen wir nicht mehr von optimaler Haltung, bzw. Bewegung.

Automatische und willkürliche Kontrollen

Die Haltung hat auch mit den Gelenken zu tun. Wenn Gelenke in optimaler Position sind, sprechen wir von einer neutralen Position. Diese neutrale Position erlaubt eine maximale Kraftübertragung. Kleine Abweichungen von der optimalen oder neutralen Position des Gelenks haben große mechanische Auswirkungen. Optimal aufeinander ausgerichtete Gelenke erlauben uns, uns mit minimalen muskulären Aufwand fortzubewegen. Schmerz ist meist das Endstation von einer zu großen Abweichung der optimalen Haltung. Schmerz setzt jedoch auch die Empfindlichkeit herab, so dass jemand gar nicht mehr wahrnimmt, wie groß die Abweichung ist. Jemand ist sich dann seiner willkürlichen Kontrolle nicht mehr bewusst. Es muss hier zwischen automatischer und willkürlicher Kontrolle unterschieden werden. Im Normalzustand ist die willkürliche Kontrolle für eine stabile Haltung verantwortlich. Der Normalzustand bedeutet hier, dass es keine größeren Einwirkungen von außen oder auch von innen gibt, um uns, unseren Körper aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sollten wir jedoch stolpern und fallen, so setzt die automatische Kontrolle unverzüglich ein, ohne dass die willkürliche Kontrolle nur den Hauch einer Chance hätte, hier einzugreifen. Das Ziel kann hier sein, die Empfindlichkeit der willkürlichen Kontrolle zu erhöhen, d.h. uns unserer unbewussten Spannungen in den Muskeln bewusst werden, welche zu viel oder zu wenig arbeiten.

Entspannt oder angespannt?

Ein weiterer Punkt ist die Angespanntheit beziehungsweise die Entspanntheit der Muskulatur. Haltung bedeutet nicht verspannt, aber auch nicht entspannt. Eine Haltung wird nicht notwendigerweise besser, je mehr Muskeln ein Mensch hat. Im Gegenteil, zu viele Muskeln können sogar die Spannung im Körper erhöhen, und dann sprechen wir nicht mehr von einem freien Körper, also einem Körper, der jederzeit in jede Richtung Bewegung initiieren kann. Die Muskeln des Unterkiefers unter anderem stehen unter ständiger Spannung, sonst würde uns dieser einfach runterklappen. Um dieses Runterklappen willentlich zu produzieren, müssten wir die Muskeln des Unterkiefers hemmen. Diese Muskeln verrichten die ganze Zeit über Arbeit, genauso wie du Muskeln im Nacken, sonst würde unser Kopf nach vorne unten fallen. Wir können also bei der optimalen Haltung auch nicht von totaler Entspannung sprechen. Weitere Muskeln sind die Waden, welche auch unter einem gewissen Muskeltonus stehen, denn sonst würden wir nach vorne fallen, oder auch die Augen, sie arbeiten konstant. Bei den Augen merken wir erst, sobald wir müde werden, das uns die Augenlider runterklappen. Vorher, im Wachzustand waren wir uns deren Muskelarbeit gar nicht bewusst.

Fazit

Es besteht ein schmaler Grat zwischen einem total angespannten Körper und einem total entspannten Körper. Beides sind Extreme und im Alltag eher hinderlich. Die Bewusstheit diesbezüglich zu steigern, stellt ein Geschenk dar, welches sich ein Mensch selbst geben kann. Wenn diese Mitte dann auch noch automatisch wird, also wir nicht mehr darüber nachdenken müssen, bewegen wir uns immer mehr in Richtung einer optimalen Haltung. Leichtigkeit stellt sich ein. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit, wie bei einem Vogel, welcher durch die Lüfte schwebt. Dieses Gefühl wünsche ich Dir.