Es gibt diesen kurzen Moment nach dem Aufwachen, wenn alles noch still ist. Bevor die ersten Gedanken den Raum füllen, bevor der Blick auf die Uhr uns in Bewegung setzt, gibt es eine Lücke. Ein Atemzug voller Möglichkeiten. Und dann? Dann kam mir der Gedanke von Mitgefühl, Verbindung und Neugierde. Spannend. Im Englischen fängt dies alles mit C an (compassion, connection, curiosity). So lässt es ich vielleicht besser merken. Die drei großen C´s.
Dann beginnt der Tag. Die Art und Weise, wie du ihn beginnst, bestimmt oft seinen Verlauf. Viele Menschen starten mechanisch, im Autopilot-Modus: Handy checken, Kaffee, E-Mails, los geht’s. Doch was wäre, wenn der Morgen anders beginnen könnte? Wenn wir ihm eine neue Qualität gäben, einen anderen Fokus? Vielleicht mit Neugier. Vielleicht mit Verbindung. Vielleicht mit Mitgefühl.
Neugier: Mehr als nur Wissen wollen
Neugier ist eine treibende Kraft. Sie ist es, die uns als Kinder die Welt entdecken ließ. Sie brachte uns dazu, Fragen zu stellen, Dinge anzufassen, auszuprobieren, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Doch irgendwann im Erwachsenenleben tritt die Neugier oft in den Hintergrund. Der Alltag wird vorhersehbar, Routinen übernehmen die Kontrolle.
Doch was wäre, wenn wir jeden Tag mit einem offenen Geist beginnen? Nicht nur in der Erwartung, dass er uns durch unsere Pflichten führt, sondern mit echtem Interesse daran, was er zu bieten hat.
Wie fühlt sich dieser Morgen an? Was braucht mein Körper? Welche Begegnungen könnten heute inspirierend sein? Welche kleinen Entdeckungen warten auf mich?
Neugier bedeutet nicht nur, Wissen zu sammeln, sondern präsent zu sein. Offen für das, was passiert. Sich nicht von Erwartungen einschränken zu lassen, sondern sich dem Fluss des Tages anzuvertrauen. Es geht darum, die Welt nicht als gegeben zu sehen, sondern als ein lebendiges, atmendes Abenteuer.
Verbindung: Das Leben geschieht zwischen uns
Menschen sind soziale Wesen. Wir existieren nicht isoliert, auch wenn moderne Technologien manchmal diesen Eindruck vermitteln. Selbst ein einzelner Morgenkaffee schmeckt anders, wenn er mit einem lieben Menschen geteilt wird. Verbindung beginnt jedoch nicht erst in der Interaktion mit anderen, sondern bei uns selbst.
Wie oft nehmen wir uns bewusst Zeit, um in uns hineinzuhorchen? Um zu spüren, wie es uns wirklich geht? Um unsere eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, bevor wir uns in die Anforderungen des Tages stürzen?
Verbindung bedeutet, sich selbst zu spüren und gleichzeitig offen für andere zu sein. Ein aufrichtiges Lächeln, ein echtes „Wie geht’s?“ – das sind die kleinen Gesten, die große Unterschiede machen. Wer mit sich selbst verbunden ist, kann tiefer mit anderen in Kontakt treten. Wer anderen wirklich zuhört, schafft Raum für Bedeutung.
Es sind nicht die großen Gesten, die zählen, sondern die alltäglichen Momente des Innehaltens. Das Wahrnehmen, das Erkennen, das Ernstnehmen der eigenen und fremden Realitäten.
Mitgefühl: Sanftheit in einer fordernden Welt
Mitgefühl wird oft missverstanden. Viele setzen es mit Schwäche gleich, mit einem zu weichen, nachgiebigen Herzen. Doch echtes Mitgefühl ist kraftvoll. Es bedeutet nicht, alles zu entschuldigen oder zu dulden, sondern präsent zu sein – mit dem, was ist.
Mitgefühl beginnt bei uns selbst. Wir sind oft unsere schärfsten Kritiker. Haben nicht genug geschafft, nicht genug erreicht, nicht genug gegeben. Doch was, wenn wir uns morgens einen Moment gönnten, um freundlich zu uns zu sein? Uns nicht sofort in Leistung und Erwartungen pressen, sondern den Tag beginnen mit der Anerkennung dessen, was wir sind – nicht nur dessen, was wir tun.
Gleichzeitig ist Mitgefühl eine Brücke zu anderen. Die Welt ist voller Herausforderungen, voller Druck, voller Unsicherheiten. Ein Mensch, der Mitgefühl zeigt, ist wie ein Ruhepol in diesem Sturm. Jemand, der zuhört, ohne sofort zu urteilen. Jemand, der versteht, ohne sofort zu lösen. Wie oft haben wir in stressigen Momenten den Impuls, uns zu verschließen? Doch was wäre, wenn wir stattdessen Mitgefühl praktizieren? Nicht nur mit anderen, sondern auch mit uns selbst?
Aufstehen – und dann?
Stell dir vor, dein Morgen beginnt nicht mit Stress, sondern mit Staunen. Nicht mit Pflichtgefühl, sondern mit Interesse. Nicht mit Abschottung, sondern mit Verbindung. Nicht mit harter Selbstkritik, sondern mit einem freundlichen Blick auf dich selbst.
Vielleicht bedeutet das, sich Zeit für einen bewussten Atemzug zu nehmen. Vielleicht, einen Moment innezuhalten und wahrzunehmen, was gerade ist. Vielleicht bedeutet es, jemandem ein echtes Lächeln zu schenken oder sich selbst zu erlauben, nicht perfekt sein zu müssen.
Neugier, Verbindung und Mitgefühl – drei C’s, die jeden Morgen verwandeln können. Aufstehen – und dann? Vielleicht einfach das: neugierig bleiben, verbunden sein, mitfühlend leben. Wenn du magst, probiere gerne mal die Audio aus. Vielleicht hilft es nicht selbst zu denken, sondern einfach nur zu lauschen.
Bilder:
- Foto von Pilar Dörfler