Bei der Methode PEP (Prozess- und embodimentfokussierte Psychologie) nach Bohne arbeiten wir sehr oft mit Reframing. Oh mein Gott, diese Anglizismen. Was für ein Ding? Halt halt halt, es ist gar nicht so kompliziert. Ganz einfach ausgedrückt, bedeutet Reframing etwas mit einer anderen Brille anzusehen. Vielleicht ist die Brille gelb, lila oder schwarz. Ein anderes Bild wäre das Artikelbild. Wir schauen etwas durch einen neuen Rahmen an und vielleicht ändert sich dadurch alles. Alles? Ja, eventuell alles.

Bedeutungen haben Dimensionen

Alles war wir erleben, was wir erfahren, Ereignisse eben, haben eine gewisse Bedeutung für uns. Reframing würde bedeuten, dass wir diese Bedeutung ändern, indem wir den Bezugsrahmen wechseln. Nehmen wir dazu ein paar Beispiele:

  • “Der Himmel ist die Grenze.” bedeutet so viel wie Grenzenlosigkeit. Es ist eher ein optimistische Haltung, welche aber auch in Übermut kippen kann. Ein Gegenteil dazu könnte “Hochmut kommt vor dem Fall” sein. Hier wird die Warnung vor dem Übermut ausgesprochen, nicht zu viel zu wollen.
  • Oder “Aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.” Das geht einher mit einer Gestalterhaltung, denn hier werden Hindernisse als Chancen gesehen. Ein Gegenteil dazu wäre “Daran scheitern selbst die Besten”. Ja klar, wenn selbst die besten scheitern, warum sollte ich es dann schaffen, ich bin ja nicht der Beste. Na ja, als hätten soziale Vergleiche schon einmal zu etwas geführt. Das war Sarkasmus. Denn auch soziale Vergleich können manchmal zu etwas führen. Ich schmunzele gerade. Auch das war Reframing.

Diese Phrasen sind nicht einfach Phrasen. Sie stellen Sichtweisen dar, sie geben Aufschluss über die persönliche Haltung, sie beeinflussen somit auch Emotionen und schließlich das So-Sein. Das So-Sein kommt allerdings nie alleine. Es ist immer eingebettet. Immer!

Kontextuelle Färbungen

Seit Anbeginn des Sein, also mit der Geburt und auch schon davor, erleben wir Dinge und wir verhalten uns dementsprechend. Dies wird über die Jahre immer differenzierter. Auch wenn gewisse Verhaltensweisen von außen betrachtet ein wenig abträglich erscheinen, so machen diese Verhaltensweisen in einem gewissen Kontext Sinn. Und zwar einen sozialen Sinn, der Verbindung herstellen soll. Manchmal gelingt dies, manchmal nicht. Manchmal will man auch keine Verbindung herstellen. Alles Verhalten erklärt, bzw. kann Emotionen, Werte, Bedürfnisse besser erklären, sobald der Kontext mit beachtet wird.

Nehmen wir noch einmal den Rahmen. Reframing bedeutet, ich ändere den Rahmen und nehme somit einen neuen Blick auf das Ganze ein. Manchmal ist dies sehr schwer, dennoch nicht unmöglich, denn es verlangt die eigene Wahrnehmung in Frage zu stellen und eine andere auszuprobieren. Diese andere Wahrnehmung kreiert dann andere Wahrheiten und schafft einen anderen Weg. Es führen mal zwei Wege nach Rom. Was nur zwei?

Bedeutungen und Kontexte

Beim Reframing kann ich den Kontext reframen oder die Bedeutung. Oben waren zwei Beispiele für die Änderung der Bedeutung. Nehmen wir ein Beispiel für den Kontext aus dem Alltag. Die morgendliche Routine im Bad. Ein Paar hat etwas vor. Einer von beiden, vielleicht der Mann ist nach 20 Minuten fertig, geduscht, angezogen, bereit die Wohnung zu verlassen. Seine Partnerin braucht etwas länger, vielleicht sind es ja 60 Minuten. Sie lässt sich, bzw. nimmt sich für alles ein wenig mehr Zeit und überlegt ein wenig länger, welches Oberteil zu welchem Rock, welcher Gürtel zu welchen Schuhen, Haare offen oder nicht, usw. Der Mann kocht förmlich und es entstehen Vorwürfe und er kritisiert seine Partnerin. Die Partnerin wehrt sich dagegen und rechtfertigt sich. 

Nach Gottmann (2017) gibt es vier apokalyptischen Reiter, welche als Kommunikationssünden bezeichnet werden können und eine intime Beziehung dauerhaft ruinieren können. Hier waren es die ersten beiden im Gange:

  1. Kritik: Der Mann klagt die Frau an, sie brauche immer zu lange. Somit verurteilt er nicht nur ihr Verhalten, sondern die ganze Frau.
  2. Abwehr und Rechtfertigung: Sie schreit z.B. zurück und macht Gegenvorwürfe. Somit wird der Konflikt aufrechterhalten.

Eine Möglichkeit wäre es den Kontext zu reframen. Der Mann könnte sich zum Beispiel sagen, dass es schön ist, mit solch einer tollen Frau zusammen zu sein, die was von sich hält, sich Zeit nimmt für ihre Selbstfürsorge, immer ein gutes Bild neben ihm abgibt, usw. Schließlich macht er ihr ein Kompliment und sagt, dass sie wirklich toll heute aussehe.

Anwendung bei PEP

Reframing nimmt bei PEP eine zentrale Rolle ein. Hier wird es genutzt, um belastende, negative Gedankenmuster und emotionale Blockaden zu lösen und neue, positive Bedeutungen zu finden.

  • Negative Glaubenssätze
    Die negativen Glaubenssätze können umgedeutet werden. Manchmal ist ein Mensch so sehr überzeugt, er sei nichts wert und macht sich daher ständig Selbstvorwürfe, verschärft somit noch seine Angst, und arbeitet dabei ziemlich effektiv daran den Widerstand zu verstärken. Eine neue Perspektive einzunehmen, den Rahmen zu ändern, kann hier sehr schnell Linderung herstellen.
  • Selbstwertblockaden
    Wir alle kennen ihn, den inneren Kritiker. Nichts ist ihm recht, nichts passt, alles ist immer nur zweitrangig. Was hierbei vergessen wird, ist, das wir erstrangig sind, bzw. sein sollten, und zwar in unserem Leben. Auch hier kann Reframing helfen, die Stimme des inneren Kritikers nicht abzutöten, sondern zu hören und umzudeuten. Vielleicht hat er ja doch etwas gutes zu sagen. Die Perspektive kann so einiges ändern.

Der Körper darf nicht fehlen

Reframing bei PEP macht nicht bei den Kognitionen halt und das war es dann. Nein, das Spannende kommt noch, denn der Körper darf nicht fehlen. Dieser merkt nämlich als erstes, ob der neue Rahmen passt oder nicht. Wir nennen das positives Embodiment. Was ist das denn? Das sind z.B. Anzeichen im Körper von Linderung, Erleichterung, Entspannung. Das könnte ein Seufzen sein, ein In-Sich-Hineinsinken im Stuhl, ein tiefer Atemzug, ein Anwesenheit von einem wohligen Gefühl in der Magengegend, warme Hände, etc.

Durch dieses positive Embodiment werden die neuen, selbstwertdienlichen Perspektiven körperlich verinnerlicht und auch verankert. Somit findet auch im Körper ein Reframing statt, wenn auch intentional. Durch gewisse Atem-, Stimm-, Augen- und Klopfübungen wird diese Gefühl noch mehr verstärkt. 

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, Reframing ist schon echt ein cooles Zeug. Was dabei oft entstehen könnte ist folgendes. Das ist doch Manipulation. Keineswegs. Es gleicht eher einer Distanzierung von der Negativität, einer Wahrnehmungserweiterung und somit einer Stärkung der emotionalen Gesundheit, was schließlich zu mehr Wohlbefinden im Leben führt.

Literatur:

  • Bohne, Michael (2022). Psychotherapie und Coaching mit PEP. Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie in der Praxis. Heidelberg: Carl-Auer Verlag
  • Gottman, John M. (2017). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Berlin: Ullstein Verlag

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