Tagged: Entwicklung · PEP · Ressource

Selbstvalidierung – Wie wir innerlich heil werden – auch ohne äußere Resonanz

Featured Image

Es gibt Menschen, die im Beruf aufblühen, viel geben, viel leisten – und dafür bewundert werden. Doch sobald der Arbeitstag endet, kehrt Stille ein. Keine vertrauten Menschen, keine tieferen Gespräche, keine echten Bindungen. Nur ein Gefühl: Etwas fehlt. Ich fühle mich nicht wirklich gesehen. Hinter dieser Leere verbirgt sich oft ein unerfülltes Grundbedürfnis: Validierung. Das tiefe Gefühl: Ich bin okay, wie ich bin. Ich werde emotional verstanden. Ich darf sein.

Wenn Validierung in der Kindheit fehlt

Wenn ein Kind wiederholt erlebt, dass seine Gefühle abgewertet oder übergangen werden, entsteht ein Riss im Selbstbild. Es lernt: Ich bin nur liebenswert, wenn ich funktioniere. Oder: Meine Gefühle sind zu viel. John Bowlby (1988) zeigte mit seiner Bindungstheorie, dass emotionale Resonanz die Grundlage eines stabilen Selbst ist. Carl Rogers (1961) sprach von der heilenden Kraft der „unconditional positive regard“ – bedingungsloser Annahme. Daniel Siegel (2010) beschreibt in seiner Theorie der „Mindsight“, wie essenziell es für das Selbst ist, sich innerlich gefühlt („feeling felt“) zu wissen. Wenn diese Spiegel fehlen, entsteht ein Vakuum. Und dieses Vakuum lässt sich später nur schwer durch äußeren Erfolg oder berufliche Anerkennung füllen.

Berufliche Rollen als Ersatz für Nähe

Viele Menschen, die wenig Validierung im privaten Umfeld erfahren, kompensieren diesen Mangel über berufliche Rollen. Sie sind empathisch, engagiert, gebraucht – vor allem von Patient:innen oder Klient:innen.

Das erzeugt zwar Anerkennung, aber, die Beziehungen sind asymmetrisch, es fehlt Reziprozität, das eigene Bedürfnis nach Gesehenwerden ohne Leistung bleibt unerfüllt. Die Folge: Trotz äußerem Erfolg bleibt innerlich ein Gefühl von Einsamkeit, Leere – und manchmal auch Scham.

Warum Selbstvalidierung heilsam ist

Selbstvalidierung bedeutet, die eigene innere Realität ernst zu nehmen. Ohne Abwertung. Ohne Bewertung. Kristin Neff (2011) nennt das „Self-Compassion“ – ein innerer Umgangston, der uns nicht kleiner macht, sondern hält. Marsha Linehan (1993), Begründerin der DBT, integriert Validierung als zentrale therapeutische Technik: Menschen lernen, ihre Gefühle als „sinnvoll und nachvollziehbar“ zu erkennen – selbst, wenn sie unangenehm sind.

Selbstvalidierung praktisch: Die Methode PEP

PEP (Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie) nach Dr. Michael Bohne bietet schnelle, wirksame Selbsthilfetechniken, um emotionale Blockaden zu lösen und sich selbst liebevoller zu begegnen. Eines der zentralen Werkzeuge in PEP ist das Klopfen bestimmter Akupunkturpunkte am Körper, während belastende Gedanken oder Gefühle aktiviert sind. Kombiniert mit Satzarbeit, kann so das emotionale Erleben positiv beeinflusst werden.

Bohne hat sogenannte „Selbstwert-Booster“ entwickelt – positive Sätze, die beim Klopfen gesprochen werden. Diese wirken direkt auf unser emotionales Erfahrungsgedächtnis. Beispiele:

  • „Ich bin ein Geschenk für die Welt.“
  • „Ich bin liebenswert – auch mit all meinen Zweifeln.“
  • „Ich darf da sein – ohne etwas leisten zu müssen.“

Idee für eine Selbstvalidierungs-Übung mit PEP

  1. Schritt: Innere Stimme benennen
    Welche Sätze höre ich innerlich, wenn ich allein bin?
    Was sage ich mir, wenn ich mich unzulänglich fühle?
    Z. B.: „Ich bin nicht wichtig.“ oder „Ich darf keine Bedürfnisse haben.“
  2. Schritt: Gefühl spüren und anerkennen
    Wo im Körper fühle ich diesen Satz?
    Kann ich mir sagen: „Kein Wunder, dass ich mich so fühle – es gibt Gründe dafür.“
  3. Schritt: Klopfen mit Selbstwert-Booster
    Während du mit zwei Fingern bestimmte Punkte (z. B. unter dem Auge, Schlüsselbein, Brustbein) klopfst, sprichst du:
    „Ich bin liebenswert – auch wenn ich mich gerade nicht so fühle.“
    „Ich sehe mich. Ich halte mich. Ich bin da.“
    „Ich darf Fehler machen – und bin trotzdem genug.“
  4. Schritt: Atmen & Integrieren
    Spüre, ob sich etwas verändert hat. Mehr Weite? Ein bisschen Erleichterung? Kein Druck – alles ist erlaubt.

Selbstvalidierung ist ein Prozess – kein Ziel

Es braucht Zeit, Geduld und Mitgefühl, um sich selbst zu validieren – vor allem, wenn das über Jahrzehnte nicht gelernt wurde. Aber: Es ist möglich. Und PEP kann ein kraftvoller Baustein auf diesem Weg sein – weil es nicht nur den Verstand, sondern den Körper mitnimmt.

Fazit

Selbstvalidierung ist keine Floskel – sie ist emotionale Grundversorgung. Wenn du dich innerlich hältst, anerkennst, tröstest, brauchst du die Welt nicht mehr ständig um Bestätigung zu bitten. Dann wird aus innerem Mangel ein innerer Halt. Auch wenn du keine Freunde hast, auch wenn du dich im Privaten leer fühlst: Du bist kein Defekt. Du bist ein Mensch mit einer Geschichte. Und du darfst lernen, dir selbst das zu geben, was andere dir nicht geben konnten.

Literatur:

  • Bohne, M. (2019). Bitte klopfen! Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Bowlby, J. (1988). A Secure Base: Parent-Child Attachment and Healthy Human Development. New York: Basic Books.
  • Linehan, M. M. (1993). Cognitive-Behavioral Treatment of Borderline Personality Disorder. New York: Guilford Press.
  • Neff, K. (2011). Self-Compassion: The Proven Power of Being Kind to Yourself. New York: William Morrow.
  • Rogers, C. R. (1961). On Becoming a Person: A Therapist’s View of Psychotherapy. Boston: Houghton Mifflin.
  • Siegel, D. J. (2010). The Mindful Therapist: A Clinician’s Guide to Mindsight and Neural Integration. New York: W. W. Norton & Company.

Bilder: