Ist es möglich durch Körperübungen ein Trauma zu bearbeiten? Ist es möglich durch Körperübungen ein Trauma ganz hinter sich zu lassen? Die Methode, von der hier die Rede ist, heißt TRE: Tension and Trauma Releasing Exercises, eine von David Berceli entwickelte Methode, welche durch Zittern Angst und Spannungen loswird.
Kampf der Flexoren und Extensoren
Berceli machte durch seine Arbeit in Krisengebieten folgende Beobachtungen. Es kam zu einer Explosion, Menschen erschraken und nahmen die Fötusposition ein. Nimmt man diese Position immer wieder ein, führt diese Flexion der Muskeln zu einer Tonuszunahme in den Muskeln, insbesondere in den Hüftbeugern. Die Hüftbeuger sind sozusagen die Wächter des Gravitationszentrums. Sind sie chronisch angespannt, so spannen auch die Antagonisten an, d.h. die Extensoren spannen an. Jetzt liefern sich die Flexoren und Extensoren einen Kampf und führen dauerhaft zu einem Kompressionsdruck, welcher von beiden Seiten herrührt. Vorwärtsbeugung bedeutet auch Unterordnung und Rückzug. Langfristig betrachtet entstehen somit Entzündungsprozesse im Körper, denn ein bereits angespannter Muskel kann nicht noch mehr anspannen.
Der Kampf mit uns selbst
Leben an sich ist traumatisch. Normalerweise kämpfen wir dagegen an oder rennen weg. Wenn wir allerdings im Krieg mit uns selbst liegen, machen wir uns unser Leben zunehmend stressiger. Wenn dies dauerhaft anhält, glauben wir auch noch, dass in unserem Leben alles falsch läuft. Die Gesundheit wird darunter leiden sowie unser Energiehaushalt. Doch sind es nicht die Ereignisse selbst, sondern wie wir damit umgehen. Wir als Menschen sind dafür gemacht, Stress zu erfahren, ihn auszuhalten und ihn zu überleben und uns zu adaptieren. Stress entsteht, wenn etwas passiert was nicht passieren sollte und vice versa.
Trauma, ein individueller Kampf
Trauma ist dabei höchst individuell. Was eine Person stresst, muss bei einer anderen nicht zu einer geringsten Regung führen. Stress und Trauma kann schon im Kindergarten oder davor beginnen. Vielleicht nimmt uns jemand unser geliebtes Spielzeug weg. Trauma werden fragmentiert abgespeichert und zwar im sensorischen Speicher. Es braucht aber noch die Gefühlsebene, die Erinnerungsebene und die Storyebene, um einen Sinn aus dem Ganzen zu gewinnen. Fragmentarische Abspeicherung ist ohne Sinn und kann später dazu führen, durch spezielle Hinweise in der Umwelt getriggert zu werden. Nun hat die Person den Eindruck, die Erfahrung würde im Hier und Jetzt stattfinden, allerdings wurde nur ein älteres Netzwerk an chaotischen Verbindungen getriggert. Es braucht die Verbindung von Empfindung, Emotion, Erinnerung und Narration.
Ermächtigung
Angst sich dem Trauma zu stellen und es zu erforschen resultiert in Widerstand. Dieser Widerstand schneidet uns aber von unserer Lebensenergie ab. Eine Stärke von TRE besteht darin, den Menschen zu ermächtigen, d.h. die notwendigen Fertigkeiten zu vermitteln, um selbst am Schmerz und an der Spannung zu arbeiten. TRE ist somit eine Methode nach dem Grundsatz des Empowerment, also die Förderung der Fähigkeit für selbstbestimmtes Handeln.
Wenn der Körper zittert
Was macht der Körper wenn er zittert? Wenn eine Gazelle von einem Löwen attackiert wird und es schafft zu entkommen, wird sie für eine Weile zittern. Dieses Zittern sorgt dafür, das ein Übermaß ein Stressenergie losgelassen wird. Ein Tremor ist ein natürliche Antwort des Körpers, eine Dysbalance des Nervensystems wieder in Balance zu bringen. Das Zittern hilft dabei, die Kampf- und Fluchtmodi, sowie den Erstarrungsmodus zu regulieren. Es kommt zu einer Beruhigung der HPA Achse (HPA = eine der zwei Stressachsen im Körper). Diese Tremoren finden im prozeduralen Gedächtnis statt. Das Problem ist nicht, das wir das nicht könnten, sondern, das wir es verlernt haben aufgrund sozialer und kultureller Gründe: Empörung, Scham, Gefühle von Unwohlsein keine Kontrolle zu haben. Tremoren senden allerdings ein Signal zum Hirn, ein Signal dass die Gefahr abnimmt und das Gehirn somit den Alarm abstellen kann. Ein weiterer Punkt bei längeranhaltenden Stress ist die Produktion von Adrenalin, welche der Produktion von Serotonin entgegensteht. Zu wenig Serotonin, zu wenig gute Laune im Körper. Jetzt könnte es sein, das impulsives und aggressives Verhalten zunimmt.
Der Körper ist wie ein Buch
Der Körper ist ein historisches Buch, denn er kontrahiert nur sofern er etwas als gefährlich wahrnimmt. Wenn der Körper zittert, zeigt er seine Geschichte, und kommt dadurch ganz im Hier und Jetzt an. Es kommt zu einer Verbindung mit dem Universum, mit der Erde, mit anderen, mit uns selbst. Diese Verbindung ist es, was deutlich mehr zu dem Gefühl von Lebendigkeit beiträgt als reine Individualität an sich, worauf wir im Westen so sehr stolz sind. Östliche Traditionen sehen unsere Lebensenergie unterhalb des Bauchnabels. Sie nennen es Chi, Prana oder Hara.
Ganz nach den östlichen Sichtweisen, ich zittere regelmäßig und gerne. Es lohnt sich. Alleine schon aufgrund der Leichtigkeit, die dadurch entsteht.
Literatur:
- Berceli, David (2008). The revolutionary Trauma Release Process. Transcend your toughest times. Vancouver: Namaste Publishing
Bilder:
- Foto von Michael Rosner-Hyman auf Unsplash