Wie kann das Gefühl von Stolz sowie das Training von Selbstmitgefühl das Selbstvertrauen stärken? Darum soll es in diesem Artikel hier gehen. Stolz hat ja gerade im deutschsprachigen Raum eine manchmal negative Konnotation. Er wird mit Vergleichsprozessen in Verbindung gebracht, “ich bin besser als du”, welche diese negative Konnotation verstärken. Stolz kann aber auch wohltuend sein. Von diesem Stolz rede ich hier. Laut Barbara Fredrickson (2001), Professorin für Psychologie an der University of North Carolina at Chapel Hill und leitende Wissenschaftlerin am Positive Emotions and Psychophysiology Lab (PEPLab), gehört Stolz zu den zehn positiven Emotionen. Eine Emotion also, auf die wir definitiv stolz sein dürfen.

Bevor wir beginnen, gibt es ein paar Fragen zu beantworten, welche ich aus dem Buch von Patrick Herrmann (2019) habe. In diesem Buch bezieht sich Patrick auf die Forschung von Ed und Robert Biswas-Diener, beides Glücksforscher, von denen ein einfacher Vorschlag kommt, sich seiner Stärken bewusst zu sein. Es sind drei Fragen. Bitte nehme Dir ein wenig Zeit, Papier und einen Stift und notiere, was Dir als erstes in den Sinn kommt, oder gedanklich erscheint.

  1. Worauf bist du stolz?
  2. Woran hast du im Handeln Freude?
  3. Worauf freust du dich in der Zukunft?

Für die erste Exploration brauchen wir die Antworten auf die erste Frage, worauf du stolz bist. Vielleicht hast du ein paar Dinge gefunden, also Dinge worauf du wirklich stolz sein darfst, weil sie in deinem Leben bedeutend waren. Ich persönlich finde eine Liste von zehn Dingen als sehr hilfreich. Weniger tut es allerdings auch. Wenn es mehr als zehn Dinge sind, versuche mal, die für dich wichtigsten Dinge heraus zu kristallisieren. Schreibe diese Dinge untereinander auf ein Blatt Papier, immer beginnend mit dem Satz “Ich bin stolz darauf, …”. (Beispiele: Ich bin stolz darauf, mein Abitur nachgeholt zu haben; Ich bin stolz darauf, mir Englisch selbst beigebracht zu haben; Ich bin stolz darauf, einen sehr guten Zugang zum Körper zu haben; etc.).

Sobald du dies getan hast, stelle dich in einer aufrechten Position hin, lese diese Sätze laut und mit Betonung vor und klopfe Dir mit der rechten Hand auf die linke Schulter (oder umgekehrt). Wenn du das gemacht hast, halte kurz inne und spüre nach. Was spürst du in deinem Körper? Wie fühlst du dich? Wiederhole diese Übung gerne jeden Tag 2x für mindestens 4 Wochen.

Warum aufrecht und im Stehen?

Aus der Embodimentforschung wissen wir, das Körperhaltung Gefühle hervorbringen können. Ganz nach dem englischen Satz “there is motion in emotion”. Nach Sheets-Johnstone (1999) geht eine aufrechte Haltung mit einem Handlungsimpuls einher, was so viel bedeutet wie, das ich mich der Welt zeige und mich gewissen Herausforderungen stelle. Das Team um Sugamura et.al. (2007, 2008, 2009) machten dazu Experimente. Es wurden zwei Gruppen gebildet. Die eine Gruppe nahmen eine gebeugte Körperhaltung ein, die andere Gruppe eine aufrechte Körperhaltung ein. Die Gruppe mit der gebeugten Körperhaltung und mit Blick nach unten, nahmen eine gedrückte Stimmung war, was bei der anderen Gruppe mit der aufrechten Haltung nicht der Fall war. Sie berichteten von einem Gefühl von Stolz und Stärke.

In noch anderen Worten liegt hier ein Wertmaßstab vor. Du hast etwas geschafft und bist nun stolz darauf, denn du hast es durch dein Handeln erreicht. Dies zeigst du durch deine bewusste Körperhaltung, welche durch eine gut verteilte Körperspannung in der Aufrichtung erfüllt ist. Was dadurch geschieht ist folgendes: Somatische Marker, oder dein Bauchgefühl, gibt dir ein Feedback. Dieses Feedback besteht in einem verkörperten Gefühl und dem damit verbundenen Erlebensausdruck (Damasio, 1994). Dies Übung immer wieder wiederholt, für einen Zeitraum von mind. 4 Wochen, kann somit deine Erlebens- und Verhaltensmuster beeinflussen.

Das Klopfen mit der Hand auf die Schulter stellt eine wertschätzende Geste gegenüber sich selbst dar. In anderen Worten lobst du dich dafür, was du bereits erreicht hast und verbindest das Klopfen mit der aufrechten Körperhaltung und den ausgesprochenen Sätzen.

Kommen wir nun zur zweiten Exploration. Dafür brauchst du die Antworten auf die Fragen, woran du im Handeln Freude empfindest und worauf du dich in Zukunft freust. Ich gebe dir ein kurzes Beispiel. Eine Klientin antwortete auf diese beiden Fragen wie folgt.

Frage 2: Freude im Handeln

  • Ich habe Freude an Dingen, die mich in meine Kraft bringen, in meine innere Ruhe, wenn ich mich an etwas hingebe, was mich erfüllt, Dinge die mich inspirieren.
  • Gedanke das es einen Sinn und Energieformen gibt, die nährend und unterstützend sind.

Frage 3: Freude in nächster Zeit

  • Zum Fenster raussehen und sich über den kommenden Frühling freuen.
  • Erkunden und Lernen, was ich gerade alles tue um zu wachsen, um authentischer zu werden, um in meine höhere Weisheit zu kommen, in meine Kraft.

Daraus ließen sich dann die vier folgenden Sätze ableiten:

  • Möge ich authentisch sein.
  • Möge ich mit meiner höheren Weisheit verbunden sein.
  • Möge ich in meiner Kraft sein.
  • Möge ich mich mit nährender Energie verbinden.

Für diese Exploration, nehme bitte eine angenehme Sitzhaltung ein, oder gerne auch im Liegen. Lege eine Hand auf den Bauch und eine Hand auf den Brustkorb. Beobachte deinen Atem für 1-2 Minuten. Spreche dann deine Sätze mit einer leisen und sanften Stimme und einer kurzen Pause zwischen den Sätzen aus. Spüre nach, was du im Körper wahrnimmst und wie du dich fühlst.

Was hat es damit auf sich?

Es handelt sich bei dieser Exploration um einen achtsamkeitsbasierten Ansatz des Selbstmitgefühls. Ursprünglich aus dem Buddhismus als Metta-Meditation bedeutet das Wort Metta (Indogermanisch, Pali) universelle, selbstlose und allumfassende Liebe. Die Absicht dieser Metta-Meditation besteht darin, uns mit unserem innersten Kern zu verbinden und nicht darin gute Gefühl zu produzieren. Es ist weder eine positive Affirmation, noch eine Selbstgefälligkeit oder ein Mantra. Metta arbeitet mit Verbindung, mit Intention und Emotion (Germer, 2009). Ich nenne es den liebevollen Dialog mit mir selbst.

Probiere es gerne mal aus und beobachte was passiert. Gerne für einen längeren Zeitraum, vielleicht 4 Wochen. Wie würdest du dann auf die folgenden Fragen antworten? Wie nimmst du deinen Körper im Raum nun wahr? Welche Gefühle sind präsent? Welche innere Haltung nimmst du an dir wahr? 

Viel Spaß beim Explorieren.

Literatur:

  • Damasio, Antonio R. (1994). Descartes’ error. Emotion, reason, and the human brain. New York: Avon
  • Fredrickson, B. (2001). The role of positive emotions in positive psychology: The broaden-and-build theory of positive emotions. In: American Psychologist. 56, 2001, S. 218–226.
  • Germer, Christopher K. (2009). The mindful path so self-compassion. Freeing yourself from destructive thoughts and emotions. New York: Guilford Press
  • Herrmann, Patrick (2019). Mut. Offenbach: Gabal Verlag GmbH
  • Sheets-Johnstone, M. (1999). Emotion and Movement. A Beginning Empirical-Phenomenological Analysis of Their Relationship. Journal of Consciousness Studies, 6, 259–277. 
  • Sugamura, G., Shiraishi, S. & Higuchi, R. (2009). The ‘Gaze- Down’ Stance Elicits Negative Mood States. Poster presented at the 21st Annual Convention of the Association for Psychological Science, San Francisco. 
  • Sugamura, G., Takase, H., Haruki, Y. & Koshikawa, F. (2007). Bodyfulness and posture: It's concept and some empirical support. Poster presented at the 65th Convention of the International Council of Psychologists, San Diego. 
  • Sugamura, G., Takase, H., Haruki, Y. & Koshikawa, F. (2008). Expanded and Upright Postures Can Reduce Depressive Mood. Poster presented at the 29th International Congress of Psychology, Berlin.