Die letzten beiden Artikel erläuterten die ersten beiden Phasen des Rubikon-Modells zur Selbstmotivierung: Abwägen und Entscheiden. Die erste Phase umfasst die Klärung von Zielen, Förderung der intrinsischen Motivation, Visualisierung und persönliche Zielsetzung. In der zweiten Phase wird die Zielbindung betont – mit Regeln wie Ziele öffentlich zu machen, Argumente zu sammeln, Vor- und Nachteile abzuwägen sowie Herausforderungen durch Perspektivenwechsel (Reframing) positiv zu betrachten. Diese Schritte stärken Motivation und Entschlossenheit und bereiten auf die Umsetzung vor. Nun schauen wir uns das Tun an. Wie Erich Kästner sagte, “es gibt nichts gutes, außer man tut es.”
Diese Phase wird unterteilt in innere und äußere Einflüsse. Wir schauen uns zuerst die inneren Einflüsse genauer an.
Phase 3: Zielverfolgung
Die Phasen der Abwägung und Entscheidung sind abgeschlossen. Der erste Teil der Zielverfolgung richtet sich nun ganz auf die inneren Aspekte: Gefühle, Ängste und Aufmerksamkeit rücken ins Scheinwerferlicht. Erich Fromm fasste dies treffend zusammen. Seine Worte bieten eine stimmige Einleitung für dieses Kapitel:
„Man liebt das, wofür man sich müht, und man müht sich für das, was man liebt.“ – Erich Fromm
Regel 9 – Den Energielevel hochhalten
Wenn ein Mensch sich ein Ziel setzt – und hier sprechen wir von einem langfristigen und anspruchsvollen Ziel – sollte er vermeiden, sich parallel dazu zahlreiche weitere komplexe Ziele vorzunehmen. Zu viele Nebenziele können den Fokus auf das Wesentliche verwässern: das zentrale Ziel, das zuerst erreicht werden soll. Energiehaushalt und Fokus sind entscheidend für den Erfolg. Die folgenden Punkte helfen, den Energielevel stabil zu halten:
- Bewegung: Tägliche Bewegung von 15–30 Minuten reicht aus. Egal ob Tanzen, Schwimmen, Laufen oder Yoga – Hauptsache, es tut dir gut.
- Ernährung: Eine gesunde Ernährung fördert die Leistungsfähigkeit. Das Gehirn braucht Sauerstoff und Zucker – letzterer sollte allerdings aus natürlichen Quellen wie Obst und Gemüse kommen, nicht aus Süßigkeiten.
- Schlaf: Achte auf ausreichend Schlaf (7–9 Stunden). Schalte dabei Störquellen wie Licht, Geräusche oder elektronische Geräte aus.
- Erholung: Zusätzlich zum Schlaf kann Powernapping von 15 Minuten täglich die Konzentration steigern.
- Entspannung: Plane bewusst entspannende Aktivitäten ein, z. B. Sauna, Massagen, Musik hören oder meditieren.
- Realistische Zeitplanung: Lerne, Erwartungen anzupassen. Verplane nicht den gesamten Tag, sondern lass etwa ein Drittel für Unerwartetes frei.
Langfristig angewendet, tragen diese Maßnahmen dazu bei, den Energielevel nicht nur konstant, sondern auch hoch zu halten – eine Grundvoraussetzung für Produktivität.
Regel 10 – Selbstmotivierung durch Handeln
Verhalten und Stimmung beeinflussen sich wechselseitig. Diese Dynamik gilt auch für Motivation und Handeln. Beginne daher mit einer kleinen, bewussten Handlung – selbst wenn du dich unmotiviert fühlst. Nach dem Motto „Fake it until you make it“ kann bereits das Vorspielen von Motivation das limbische System positiv beeinflussen.
Indem du dich aktiv mit deinem Ziel beschäftigst und so tust, als ob es dir Spaß macht, setzt du eine Kette positiver Emotionen in Gang. Schon bald wird es dir leichter fallen, mit Schwung weiterzumachen.
Regel 11 – Aufmerksamkeitskontrolle
Bist du bei einer Aufgabe völlig vertieft, z. B. beim Lesen eines spannenden Buches? Dann bemerkst du vermutlich, wie schwer es ist, dich aus diesem Zustand zu reißen. Wenn jedoch Frustration in den Vordergrund tritt, blockiert sie den Zugang zu deinem langfristigen Gedächtnis und lenkt von deinem Ziel ab.
Strategien zur Frustrationsbewältigung:
- Schaffe dir eine entspannte Umgebung, um die Frustration abzubauen und zur ursprünglichen Motivation zurückzufinden.
- Organisiere deinen Arbeitsplatz so, dass störende Elemente entfernt und motivierende Dinge wie inspirierende Bilder integriert werden.
- Entwickle eine positive Grundstimmung, da sie den Zugang zu deinem Extensionsgedächtnis erleichtert – und umgekehrt.
Regel 12 – Gewohnheiten aufbauen
Die Kultivierung von Gewohnheiten ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg. Gutes Verhalten wird durch Wiederholung zur zweiten Natur, doch das erfordert Zeit und Anstrengung. Nachhaltige Veränderungen entstehen durch kontinuierliches Handeln.
Auch unsere Gedanken beeinflussen unser Verhalten. Häufig wiederholte Gedanken formen unser geistiges Inventar. Ein Gedanke, der zur Gewohnheit geworden ist, verliert seine anfängliche Attraktivität, aber er bleibt wirkungsvoll – genau wie eine etablierte Routine.
Regel 13 – Gefühle ansprechen
“Die Menschen müssen leiden, um stark zu werden, dacht’ ich. Jetzt denk’ ich, sie müssen Freude haben, um gut zu werden.” – Wilhelm von Humboldt
Freude ist kein Selbstläufer, sondern das Ergebnis positiver Erlebnisse und gezielter Anstrengung. Motivation ohne positive Emotionen ist auf Dauer nicht tragfähig. Nur ein ausgewogenes Zusammenspiel von kognitiver Zielsetzung und emotionaler Untermauerung führt langfristig zum Erfolg.
Gefühle spielen eine zentrale Rolle bei Veränderungen. Sie können sowohl hinderlich als auch förderlich wirken, je nachdem, wie sie kanalisiert werden. Angst beispielsweise blockiert kognitive Ressourcen, kann jedoch auch als Antriebskraft dienen, wenn sie in einem gesunden Rahmen gehalten wird.
Regel 14 – Positive Erfahrungen machen
Erfolg motiviert, aber nur, wenn er auch bewusst wahrgenommen und erlebt wird. Deshalb ist es sinnvoll, große Ziele in kleinere Teilziele zu zerlegen und jeden Fortschritt zu belohnen. Schon die Antizipation positiver Gefühle hilft, die Motivation aufrechtzuerhalten.
Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen tatsächlichen Erlebnissen und intensiven Vorstellungen. Daher kann die Vorstellung eines erreichten Ziels eine ähnlich motivierende Wirkung haben wie das Ziel selbst.
Regel 15 – Pendeln
Für langfristige Zielerreichung ist es wichtig, zwischen Verstand und Gefühl zu wechseln. Das Intentionsgedächtnis (Verstand) hilft bei der Planung und Strukturierung, während das Extensionsgedächtnis (Gefühl) positive Bilder und Emotionen hervorruft.
Dieser Wechsel erlaubt es, sich flexibel auf Herausforderungen einzustellen, ohne den Fokus zu verlieren. Pausen und Momente des Loslassens sind hierbei essenziell – sie schaffen Raum für kreative Lösungen und neue Ideen.
Regel 16 – Die eigene Angst nutzen
Angst ist ein zweischneidiges Schwert: In kleinen Dosen kann sie als Orientierungshilfe und Antriebskraft dienen, in großen Dosen jedoch lähmen. Eine gesunde Balance zwischen übermäßiger Furcht und völliger Sorglosigkeit ist entscheidend.
Angst kann zur Feinjustierung genutzt werden, indem sie uns dazu anregt, unsere Strategie zu hinterfragen: „Wo stehe ich jetzt?“, „Wo will ich hin?“, „Funktioniert mein Plan?“ Dieses Bewusstsein hilft, den Kurs zu halten und notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Phase 3 zusammengefasst
- Achte auf einen ausgeglichenen Energiehaushalt.
- Handle, als ob du motiviert wärst – das wird dich tatsächlich motivieren.
- Lerne, mit Frustration umzugehen, und fokussiere dich auf das Wesentliche.
- Etabliere nützliche Gewohnheiten.
- Nutze positive Emotionen als Motivation und erkenne deine Ängste an.
- Zerlege Ziele in kleine Schritte und belohne dich für jeden Fortschritt.
- Finde eine Balance zwischen Verstand und Gefühl.
- Setze Angst als Antriebskraft ein – in einem gesunden Maß.
Das waren nun die inneren Einflüsse. Es gibt auch noch äußere Einflüsse. Diese kommen im nächsten Artikel.
Bilder:
- Foto von Jem Sahagun auf Unsplash