Kennst du das Gefühl, morgens aus dem Bett zu steigen und es ist eine gewisse Schwerfälligkeit vorhanden. Jede kleinste Bewegung fühlt sich an wie Schwerstarbeit? Erholen wir uns nicht während des Schlafs und wachen energiegeladen auf, ohne Verspannungen und dergleichen? Vielleicht hat es damit zu tun, wie wir schlafen, oder, vielleicht hat es damit zu tun, wie wir den Tag bzw. die Tage zuvor gelebt haben.

“Besonders aber gebe man dem Gehirn das zu seiner Reflexion nötige, volle Maß des Schlafes; denn der Schlaf ist für den ganzen Menschen, was das Aufziehen für die Uhr.” Arthur Schopenhauer

“Umkehrbarkeit ist ein Wesenszug aller korrekten Handlungen, selbst des Schlafs.” Moshé Feldenkrais

Laut Arthur Schopenhauer, mag es so scheinen, als bräuchte der Mensch ein gewisses Mindestmaß an Schlaf, um reibungslos zu funktionieren. Wir sprechen hier von der Quantität. Moshé Feldenkrais spricht hier eine ganz andere Dimension an, nämlich die der Qualität. Er redet von Reversibilität, d.h. jederzeit die Fähigkeit zu besitzen, einzuschlafen und nach einer gewissen Zeit aufzuwachen und bereit sein für das, was kommt. Diese beiden Zitate mögen anfänglich etwas widersprüchlich erscheinen. Nach längerem Nachdenken, findet sich jedoch eine gewisse Symbiose zwischen ihnen. Die Qualität bedingt die Quantität und vice versa. So lese ich diese beiden Zitate. Hat die Qualität bzw. die Quantität Auswirkungen auf unsere Emotionen?

Korrelation von Schlafunterbrechung und Gemüt

Hat unser Schlaf eigentlich Auswirkungen auf unser Gemüt? Dazu führten Finan und Kollegen (2015) ein Experiment über drei Tage durch. 62 gesunde Personen wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe wurde nachts während des Schlafs aufgeweckt (Kontrollgruppe 1), die anderen beiden Gruppen hatten entweder Einschränkungen bei den Schlafmöglichkeiten (Kontrollgruppe 2) oder schliefen ohne Unterbrechungen durch  (Kontrollgruppe 3). Nach der ersten Nacht zeigten die ersten beiden Gruppen Ähnlichkeiten in deren Gemüt, nämlich gesteigerte schlechte Laune und weniger gute Laune. Um dies herauszufinden wurde ein Fragebogen vor den Schlafzeiten ausgefüllt. Nach der zweiten Nacht ergab sich ein Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Gruppe. Die erste Gruppe, welche mehrmals pro Nacht aufgeweckt wurde, verzeichnete einen 31%igen Abfall in deren guten Laune, verglichen mit der zweiten Gruppe, welche einen Abfall von 12% verzeichnete. Die Forscher fanden keine signifikanten Unterschiede im Bezug auf die negative Laune von den ersten beiden Kontrollgruppen, jedoch einen größeren Unterschied bei der guten Laune zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2. Die Erklärung hierfür liegt in der Unterbrechung des Schlafes bei der Gruppe 1.

Ein diagnostisches Verfahren namens Polysomnographie wurde benutzt, um eine Verbindung zwischen unterbrochenen Schlaf und Depression herzustellen. Diese Unterbrechungen stören die Menge an niedrig-welliger-Schlafphasen, welche wichtig sind für eine angemessene Regeneration. Mehrmals pro Nacht aufzuwachen ist die wahre Ursache für einen Abfall an positiver Laune, im Vergleich mit einem zu kurzen Schlaf ohne Unterbrechungen. Die Forscher weisen darauf hin, dass noch weitere Experimente dazu durchgeführt werden müssen, um die Hypothesen zu untermauern.

Warum schlafen wir eigentlich?

Grundsätzlich schlafen wir, um uns zu erholen. Ohne Nahrung schaffen wir es einige Zeit auszukommen, wie bei Fastenkuren zu sehen ist, ohne Schlaf jedoch kaum. Der Rekord mag ja bei 11 Tagen liegen, es ist jedenfalls nicht erstrebenswert, dies nachzumachen. Auch wenn wir schlafen ist unser Gehirn aktiv. Während des Schlafs verarbeiten wir die vorangegangenen Tage. Wir festigen gerade erlernte Sachen und wir stärken ganz nebenbei unser Immunsystem. Es ist auch wichtig zu wissen, dass unser Schlaf-Wach-Rhythmus sich dem Tag-Nacht-Rhythmus unterordnet. Unser circadianer oder 24-Stunden- Rhythmus ist eigentlich ganz gut abgestimmt, solange wir nicht Schichtarbeiter mit ständig wechselnden Schichten sind, oder regelmäßig über mehrere Zeitzonen reisen. Diese beiden Dinge stellen eine ungemeine Herausforderung an unser ganzes System dar. 

Feldenkrais und Schlaf

Wie gerade erwähnt, verarbeiten wir während des Schlafes die vorangegangen Tage. Schlafstörungen haben also damit zu tun, was wir die Tage zuvor gemacht haben, und vor allem, wie wir etwas gemacht haben, d.h. unser Schlaf liegt in unseren Händen, indem wir an mehr Entspannung in unseren wachen Phasen arbeiten. Moshé Feldenkrais sagte, dass unsere Ess- und sexuellen Gewohnheiten, unser Schlaf, die Regelmässigkeit unserer Ruhepausen, überhaupt alles, was wir tun, durch unsere Muskulatur geschieht. Überdies sagte er, das eine gut koordinierte und reife Person jene ist, die aus ihrem Beruf ihr Vergnügen machen konnte. Diese Person kann einschlafen, wann sie möchte und aufwachen, wann immer es nötig ist. Er zieht hier auch einen Vergleich zu Tieren, die, wenn sie gesund sind, jederzeit geweckt werden können und jederzeit den Schlaf wieder aufnehmen können.

Beim Menschen ist es jedoch so, dass absichtliche muskuläre Handlungen auch emotional geprägt sind und mit speziellen Gedankenmustern einhergehen. Mit anderen Worten, je kreativer und flexibler ich mit meinem Körper bin, desto kreativer und flexibler kann ich mit meinem Geist sein. Es findet hier eine Übertragung statt. Die Art und Weise, wie flexibel und kreativ jemand mit dem Körper ist, hat mit der Selbstorganisation zu tun. Fehler in dieser Selbstorganisation gehen auf eine fehlerhafte Selbstentwicklung zurück. Dies ist nicht das Ende vom Leben, denn das Leben ist ein Prozess und in diesem Prozess kann eine Person wachsen und sich in allen Bereichen entwickeln, sei es das Denken, das Fühlen, das Wahrnehmen und das Bewegen.

Fazit

Diese körperliche Selbstorganisation, welche auch Auswirkungen auf die gedankliche Organisation hat, kann bei Menschen mit Schlafstörungen zu viel Spannung aufweisen, was dann zu Schlafunterbrechungen führen kann. Diese körperlichen Spannungen werden unter anderem durch zu viel täglichen Stress ausgelöst. Mit Feldenkrais Übungen können Bewegungen verbessert werden und die Atmung mit der Bewegung in Einklang gebracht werden. Dies führt zu stresslindernden Effekten im Gehirn und dies wiederum zu entspannenden Effekten in der Muskulatur. Diese, nun verbesserte Selbstorganisation, führt zu einem erholsameren Schlaf.

Literatur:

  • Finan, Patrick H.; Quartana, Phillip J.; Smith, Michael T. (2015). The Effects of Sleep Continuity Disruption on Positive Mood and Sleep Architecture in Healthy Adults: Sleep, Volume 38, Issue 11, Pages 1735–1742.