Stell dir vor, das Leben könnte sich anfühlen wie ein Spiel – leicht, freudig, und voller Harmonie. Spiel kann somit auch als eine Möglichkeit gesehen werden, spirituelles Wachstum zu fördern und in Harmonie mit sich selbst und der Welt zu leben. Durch die spielerische Herangehensweise an die Dinge des Lebens kannst du dich aus Zwängen und Begrenzungen befreien und die Schönheit des Moments voll erfahren.

Warum schreibe ich das hier?

Na ja, ganz einfach. Ein neuer Tag beginnt, du wachst auf, liegst noch im Bett, erste Bewegungen, erste Gedanken, erste Gefühle, erste Empfindungen. Was tust du und zwar jetzt gleich? Und, noch viel wichtiger, wie tust du es? Genau, du hast richtig gelesen, wie tust du es? Wie stehst du auf, mit welcher Haltung, mit welchem jugendlichen Impetus? Ich schrieb eingangs von spirituellem Wachstum. Spirituelles Wachstum entsteht, wenn man rigide Strukturen hinter sich lässt und bereit ist, neues zu entdecken. Was gilt es denn hinter sich zu lassen?

Marcuse und das Spiel

Herbert Marcuse (2023) schreibt in seinem Werk über eine Vision, in der das Spiel nicht nur eine Ablenkung ist, sondern ein Symbol für ein freies und erfülltes Leben ist. Für Marcuse geht es darum, aus der Enge des täglichen Funktionierens auszubrechen. Marcuses Argument lautet, dass moderne Gesellschaften auf dem Prinzip der Leistungsunterdrückung basieren. Die Arbeit und die Produktion, generell das Wirtschaftswachstum stehen im Zentrum, während Vergnügen, Spiel und Sinnlichkeit unterdrückt werden. Spiel und Sinnlichkeit, eine Beschäftigung für Taugenichtse. Diese Unterdrückung dient lediglich der Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Hierarchien

Das Spiel kann aber als eine Möglichkeit gesehen werden, dich mit deinen wahren Bedürfnissen und Träumen zu verbinden – ein Raum, in dem du dich frei bewegen kannst, kreativ sein kannst und einfach du selbst sein kannst. Marcuse greift dabei zurück auf Sigmund Freud. Kennst du den Eros? Eros steht für den Lebens- und Lusttrieb. Eros kann laut Marcuse für kreative und spielerische Energie stehen, ja, sogar den Gegenpol von Arbeit und Pflichterfüllung darstellen. Marcuse, der Idealist, sieht den Eros als eine Ermöglichung einer Gesellschaft, die auf Freude, Sinnlichkeit und authentischen menschlichen Beziehungen basiert.

Spielen für eine freiere Gesellschaft

Marcuse erhebt das Spiel zu einem Symbol. Ein Symbol für eine befreite Gesellschaft. Im Spiel sieht Marcuse einen Zustand. Dieser Zustand ist dem Menschen innewohnend. Frei von repressiven Zwängen und frei, um in Harmonie mit ihren Bedürfnissen und Wünschen leben zu können. Es ermöglicht kreativen Ausdruck und sozialen Zusammenhalt, ohne von Leistung oder Produktivität definiert zu sein. Leistung oder Produktivität, ein Modus des Machens, ein Modus des Sympathikus, auch ein Modus für Stress und Erschöpfung. Stell Dir mal folgende Frage: Warum sind eigentlich so viele Menschen krank in einer doch so wohlhabenden Gesellschaft? Was sind wohl die Gründe dafür? Ich weiß, ein komplexes Thema. Ein Thema mit nicht nur einer Antwort. Doch diese Frage nicht zu stellen, kommt mir gar nicht in den Sinn.

Das Spiel, so Marcuse, könnte in einer utopischen Gesellschaft der Kern unseres Lebens sein, frei von dem Druck, immer etwas leisten oder produktiv sein zu müssen. Es wäre ein Ort, an dem Freude, Sinnlichkeit und Gemeinschaft den Ton angeben. Denk einmal darüber nach: Wie fühlt sich das an, wenn du ganz ohne Erwartungen einfach spielst – wenn du tanzt, lachst oder mit anderen etwas Neues ausprobierst?

Ob Marcuse schon von der Polyvagal Theorie wusste?

Auch die Polyvagal-Theorie zeigt, dass Spielen tief in uns verwurzelt ist. Es verbindet uns mit anderen und bringt uns in einen Zustand von Sicherheit und Vertrauen. Beim Spielen schwingen zwei Systeme in dir: der Sympathikus, der für Lebendigkeit sorgt, und der "smarte Vagus", der für Ruhe und Verbindung da ist. Beide sind wichtig und zwar gleichzeitig. Diese Balance macht das Spielen so spannend und erfüllend. Selbst wenn mal etwas schiefgeht, zum Beispiel beim Fußball ein Foul passiert oder beim Kartenspielen jemand mogelt, zeigt das Spiel, wie wir Konflikte lösen können – durch Kommunikation, Lachen und Gemeinschaft.

Doch manchmal kann das Gleichgewicht kippen, und aus dem freundschaftlichen Spiel wird Ernst. Das erinnert uns daran, wie wichtig es ist, immer wieder zurückzukehren zu dem, was das Spiel eigentlich ausmacht: Respekt, Freude und die Verbindung mit anderen.

Marcuse, die Polyvagal-Theorie und ich laden dich ein, das Spiel als eine Möglichkeit zu sehen, das Leben neu zu gestalten – frei, spielerisch und voller Wärme. Probier es aus:

Lass dich heute von der Leichtigkeit des Spiels inspirieren, sei es beim Lauschen von Geräuschen, beim sanften Bewegen oder beim gemeinsamen Lachen mit anderen. Du wirst spüren, wie es dir hilft, dich selbst und die Welt auf neue Weise zu erleben. Denk mal darüber nach, sobald du wach bist, wie du den Tag starten willst. Es könnte ganz anders sein. Du entscheidest!

Fazit

Spiel ist so viel mehr als nur Zerstreuung. Es ist eine Lebensweise, in der Menschen ihre Fähigkeiten und Potenziale frei entfalten können. Dabei sind sie nicht auf Arbeit und Profit fixiert. Für Marcuse ist es die Möglichkeit, eine "nicht-repressive" Zivilisation zu schaffen, die den Menschen in seiner Ganzheit respektiert.

Literatur:

  • Marcuse, Herbert (2023). Eros and Civilisation. A Philosophical Inquiry into Freud. London: Routledge

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