Viele Menschen gehen heute in eines der unzähligen Fitnessstudios und trainieren isoliert einen Muskel. Dieser Muskel wird dadurch stärker und wächst eventuell auch, wird also größer. Sie verfolgen damit ein Ziel, z.B. abnehmen oder ihre Figur formen oder stärker werden in einem bestimmten Bereich. Das ist auch total in Ordnung und in vielen Fällen auch sehr hilfreich. Doch wie viel hat ein isoliertes Muskeltraining mit natürlichen Bewegungen zu tun?

Natürliche Bewegungen sind unter anderem Rennen, Springen, Schwimmen, Werfen, Krabbeln, Rollen, Klettern, etwas werfen. All diese Bewegungen sind sehr komplex und es bedarf einiges an Zeit, diese Bewegungen zu lernen.

Baby Liv als Entdecker

Diese Bewegungen zu lernen, geschieht durch Versuch und Irrtum. Überdies startet es ziemlich früh. Ein Baby ist ein wahrer Entdecker. Es entdeckt jeden Tag neue Dinge. Diese neuen Dinge bilden wiederum die Grundbausteine für das zukünftige Leben. Es lernt so viele Dinge, z.B. sich zu konzentrieren, um ein gewisses Bewegungsproblem zu lösen und natürlich sich dann später daran zu erinnern und dann basierend auf dem Erinnerungsvermögen zukünftige Handlungen zu planen und umzusetzen. Babys wissen wie man atmet, in den Knien beugt und krabbelt. Wie sieht es mit Dir aus, weißt du wie man krabbelt? Schauen wir uns dazu ein wunderschönes Video von Irene Lyon mit Baby Liv an.

Effizienz durch Differenzierung

Ist es nicht interessant zu sehen, wie Baby Liv Kontakt aufnimmt mit dem Boden und ihn sich zu Nutze macht, um sich abzudrücken, sich vorwärts zubewegen. Würdest du behaupten, dass Baby Liv fit ist? Wenn sie so weitermacht, bleibt sie auf jeden Fall fit, denn Fitness ist ein Ergebnis, welches aus Taten entsteht, also aus Bewegungen. Wenn du aufmerksam bei einer Bewegung bist, lernst du zu differenzieren zwischen den Teilen, welche dich weiterbringen und den Teilen, welche dich eher bremsen. Dadurch entsteht Effizienz. Effizienz ist gleichzusetzen mit Qualität. Quantität kommt erst viel später, mag es auch so aussehen, als würden Babies nichts anderes machen als krabbeln, rollen etc. Dies dient jedoch alles der Bewegungserforschung von einfachen Bewegungsmustern hin zu komplexen Bewegungsmustern. Manchmal kommt es vor, das Kleinkinder gewisse Entwicklungsstufen überspringen, z.B. gleich gehen oder zum Gehen regelrecht gezwungen werden, weil die Eltern meinen, es wäre nun an der Zeit. Dabei wird z.B. das Krabbeln übersprungen. Das zieht natürlich Folgen nach sich. Doch der Zug ist nicht abgefahren, solltest du jetzt schon über 30 Jahre sein und feststellen, dass da doch etwas war, das noch mal der genaueren Untersuchung bedarf. Die Feldenkrais Methode macht es möglich, nimmt dich mit auf eine Reise zu dir selbst und deinen ureigenen Mustern. 

Bewegungsparadigmenwechsel

Wir wollen Bewegung in alle Richtungen, um alle Achsen, zu jeder Zeit. Durch das Krabbeln werden verschiedene Teile des Gehirns entwickelt und integriert. Ein somit wichtiges Entwicklungsmuster! Es wird die Kommunikation der linken und rechten Gehirnhälfte verbessert. Dadurch entsteht mehr Effizienz in der Bewegung. Wir integrieren das vestibuläre System (zuständig für das Gleichgewicht), welches eng zusammenhängt mit dem visuellen System (zuständig für Orientierung im Raum) und dem propriozeptiven System (zuständig für die Eigenempfindung, also die Position unseres Körpers mit all seinen Gelenken im Raum). Krabbeln verbessert ausserdem die reflexartige Kraft, also die Fähigkeit des Körpers Bewegungen zu antizipieren bevor diese eintreffen. Was wirklich sehr interessant ist, ist das Krabbeln dafür sorgt, das Schultern und Hüfte zusammenarbeiten. Das Schultergelenk ist eines der verletzungsanfälligsten Gelenke, da es den größten Bewegungsspielraum besitzt und nur muskulär gesichert wird. Krabbeln nutzt die Schulterbewegung in ihrer Natürlichkeit und somit wäre es empfehlenswert mal darüber nachzudenken, das Krabbeln in unser Bewegungsrepertoire mit aufzunehmen, gerade schon deswegen da wir heute unsere Schultern nicht mehr im kompletten Bewegungsradius benutzen.

Keine Spezialisten, sondern Generalisten

Die Antwort warum ein Mensch eine Bewegung nicht ausführen kann, liegt eventuell in den ersten Bewegungen eines Menschen als Baby. Zuerst entdeckt ein Kleinkind die Welt mit den Augen, dann rollt es hin und her auf den Rücken, bevor es auf dem Bauch das Krabbeln erprobt. Dann beginnt es mit dem Greifen nach Dingen. Und es geht weiter, doch dann kommt der Kindergarten und die Schule und diese beiden Institutionen sind nicht per se schlecht. Es kommt immer darauf an. Füllen wir nun unsere Köpfe mit Dingen und schalten den Körper auf “Standby”, werden wir zu Spezialisten, egal auf welchen Gebiet, oder leben wir weiterhin ein bewegungsreiches Leben? Wir sind von Natur aus Generalisten. Wie viele verschiedene Bewegungsfähigkeiten werden in einem Training benutzt. Generalisten starten mit der Entwicklung ihrer Fähigkeiten in der horizontalen Ebene, also auf dem Boden. Später erst kommt die Entwicklung der Kraft hinzu. Kraft welche wir für die Aufrichtung bzw. das Heben von schweren Dingen benötigen. Wir arbeiten nun auch noch an der vertikalen Entwicklung. Je besser wir in der horizontalen Entwicklung sind, desto besser werden wir in der vertikalen Entwicklung. Schauen Sie sich mal die Vielzahl an Möglichkeiten an, welche wir zum Krabbeln haben. Cori Lefkowith hat dazu ein sehr gutes Video gemacht.

Fazit

Du brauchst keine Superfähigkeiten, um zu spielen oder zu krabbeln. Du musst auch nicht besonders gut sein. Du musst lediglich damit anfangen, wenn du magst. Werde zu deinem eigenen Virtuosen. Je graziöser, fließender und nahtlos eine Serie von Fähigkeiten erscheint, desto näher bist du diesem Ziel.