Ich erinnere mich zurück an meine Zeit in Seattle als ich die Feldenkrais Ausbildung machte. Ich lebte damals in der Nähe von Austin, TX. Austin, eine Hochburg für Musiker, Künstler und auch Tänzer. Mit den letzteren hatte ich Kontakt. Zurück in Deutschland probierte ich mich dann vermehrt in Contact Improvisation in Fürth. Ich glaube, es hört nie auf. Was? Mein Interesse für Bewegung, für leichte Bewegung. Hier, in diesem Artikel möchte ich darüber schreiben, warum diese Kombination aus Feldenkrais, Contact Improvisation und Play, Sinn macht.
Wenn wir uns mit Feldenkrais beschäftigen, wie du es auf meinem Blog vielleicht schon getan hast, geht es um Bewusstheit im Körper, um Mustererkennung, um organisches Lernen. Die Feldenkrais-Methode lädt ein, Gewohnheiten, Spannungen und unbewusste Muster wahrzunehmen, und erlaubt dem Körper, selbst-organisiert neue, leichtere Wege zu finden.
Contact Improvisation funktioniert ähnlich, aber im Bezug auf Begegnung, Berührung, geteilte Bewegung und Spontaneität. CI ist kein Tanz mit festen Schritten, sondern ein fortlaufendes, gemeinsames Erforschen von Gewicht, Kontakt, Balance und geteiltem Raum. Und genau das ist der ausschlaggebende Punkt, der mir so gut gefällt. Kein vorgegebenen Regeln, eher Prinzipien. Prinzipien, die Freiheit ermöglichen, zu entdecken, was sich im Raum durch Bewegung zeigen mag. Bewegung durch Begegnung.
Und Play, also spielerisches Bewegen, öffnet den gesamten Rahmen, denn wenn wir spielen, verringert sich der Leistungsdruck. Wir wagen das Unerwartete, das Experiment. Wir öffnen uns für Überraschung, Neugierde, Leichtigkeit. Auf diese Weise verbinden sich Körper-Bewusstheit, Beziehung und Freude. Manchmal denke, erinnere ich mich an meine Kindheit im Wald. Wild umher rennend, mich mit den Tieren verständigen. Was für ein sagenhaftes natürliches Spiel.
Gemeinsamkeiten im Geist - Muster, Flow oder Lernen ohne Plan
In der Feldenkrais-Arbeit beobachten wir Bewegungs- und Haltemuster, Spannungen, unökonomische Bewegungen, Automatismen. Wir geben dem Körper Raum, alternative Wege zu entdecken. In CI geschieht Lernen nicht durch Choreografie, sondern durch bewegte Praxis. Man erforscht, probiert aus, reagiert auf Gewicht, Impulse, Kontakt und entdeckt Bewegungsmuster im Hier und Jetzt. CI als eine Art organisches Lernen zu verstehen, heißt nicht Schritt-für-Schritt-Anleitung, sondern Ausprobieren, Spüren, Anpassen, Mitgehen. Play, also spielerisches Bewegen, nimmt Druck raus und erlaubt Fehler, Zufall, Entdeckung. Damit wird Lernen zu einem offenen Prozess, zu einer Entfaltung statt zu einem Leistungsdruck.
Von Flow zu Präsenz und Im-Moment-Sein
Feldenkrais lädt ein, mit Atem, Aufmerksamkeit und Körperempfindungen präsent zu sein. Jede Bewegung wird lebendig, bewusst, fließend. CI bringt dich durch Kontakt, Gewicht und Schwerkraft ins Hier und Jetzt, du bist mit deinem Partner, deinem Körper, dem Boden, der Schwerkraft im dialogischen Moment. Die Improvisation bringt dich in einen Zustand, in dem Planen, Vorhersehen und Denken vorübergehend weichen. Raum entsteht für unmittelbare Reaktionen und Resonanz. Spiel öffnet diesen Flow noch weiter und zwar mit Neugier, Experimentierfreude und Humor. Es erlaubt, unperfekt zu sein, spontan, neugierig, lebendig.
Beziehung, Kontakt und Vertrauen
In CI entsteht Begegnung durch Berührung, Teilen von Gewicht, Balance und Bewegung. Es ist ein dialogischer, körperlicher Austausch. Feldenkrais kann diesen Kontakt vorbereiten, denn ein Körper, der geschmeidig, bewusst, beweglich ist, öffnet sich leichter für Berührung und geteilte Bewegung, mit Selbstbewusstsein und Offenheit. Play gibt Sicherheit. Wie das denn? Wer mit Freude und Leichtigkeit ins Spiel geht, braucht weniger Perfektion, weniger Selbstkritik. Vertrauen entsteht. Verbindung wird möglich.
Warum gerade diese Kombination so stark ist
Wenn ich in meinem Wohnraum bin, Musik höre und mich wie ein Flow bewege, verschmelzen unzählige Feldenkrais-Lektionen in einen CI Flow mit einem imaginären Partner. Ich lache viel dabei. Ich nenne das: Regeneration + Begegnung + Freude. Feldenkrais kann unser Nervensystem regulieren, uns bewegen und spürbarer machen. CI kann Begegnung, geteilte Improvisation, Resonanz erzeugen. Es funktioniert alleine, aber mit einem:r Partner:in noch viel besser. Play lädt ein, das alles mit Leichtigkeit und Freude zu verbinden. So entsteht eine Praxis, die sowohl heilend als auch belebend ist.
Für mich ist da, ja, gerade da, sehr wichtig, die Unsicherheit willkommen zu heißen. Was könnte ich damit meinen? Sowohl Feldenkrais als auch CI entziehen sich festen Abläufen. Wie eingangs schon erwähnt. Das mag Unsicherheit produzieren für manche Menschen. Für mich ist es genau umgekehrt. Dieses Nichtvorhandensein von festen Abläufen schafft Raum für Ausdruck, für neue Erlebnisse, für Entwicklung, durch Spiel. Beide Methoden respektieren das Nichtwissen. CI insbesondere lebt davon. Kein Schema, keine Pattern, sondern ein ständiges Reagieren. Play macht das fehlende Wissen zum Feature, nicht zum Fehler. Es erlaubt Experimente, Patzer, Überraschungen. So lernen wir, Unsicherheit als kreativen Raum zu sehen. Echt geiles Zeug. Ehrlich.
Und da ist dann der entscheidende Punkt. Vom Ich zum Wir, vom Kopf zum Körper. Im Alltag leben viele in Kopf, Planung, Kontrolle. Diese Kombination holt uns zurück in den Körper und in Beziehung. Verbindung mit uns selbst, mit dem Raum, mit Anderen. Bewegung als Sprache, als Begegnung, als Ausdruck von Lebendigkeit und Gemeinschaft.
Wie könnte eine Praxis aussehen???
Hier mal ein paar meiner Ideen:
- Sanfte Feldenkrais-Stunde als Warm-up: bewusst machen, wie dein Körper sich bewegt, wo Spannungen sind, wo Leichtigkeit entstehen kann.
- Im Anschluss ein CI-Flow mit einem Partner oder in der Gruppe: mit Fokus auf Gewicht, Kontakt, Atmung; lassen, was entsteht. Kein Anspruch auf schön tanzen, sondern auf ehrliches Bewegen.
- Mit der Haltung von Play experimentieren: mit Humor, Neugier, Bezugslosigkeit auf Ergebnis; einfach ausprobieren, was der Körper will, was aus der Begegnung entsteht.
- Reflexion und Integration: wahrnehmen, wie sich der Körper anfühlt, was anders ist, vielleicht mehr Leichtigkeit, mehr Offenheit, mehr Präsenz.
- Optional: Tagebuch führen über Erfahrungen. Körperempfindungen, Gefühle, Überraschungen, Begegnungen. So wird Lernen bewusst und nachhaltig.
Ein Aufruf an dich
Beweg dich, verbinde dich, spiel dich frei. Feldenkrais, Contact Improvisation und Play sind kein exklusiver Tanzkreis. Sie sind Wegweiser zu mehr Lebendigkeit, Selbstwahrnehmung und Beziehung. Wenn wir zulassen, dass unser Körper denkt, dass unser Nervensystem mitspielt, dass Begegnung fließt und dass Spiel uns erdet, dann öffnen wir Räume für Wachstum, Verbindung und echte Lebendigkeit. Probier es aus. Lass dein Bewegungsfeld weit werden. Finde raus, wo dein Körper leise Signale sendet. Sag Ja zu Ungewissheit. Öffne dich für Berührung mit dir selbst und mit anderen. Und erlaube dir, zu spielen. Vielleicht entsteht ein lebendiger Körper, ein fühlendes Nervensystem, eine Gemeinschaft in Bewegung. Vielleicht entstehst du selbst in Bewegung, im Kontakt, im Spiel.
Bilder:
- Foto von Milana Aernova auf Unsplash

