Traumatische Erfahrungen können sehr mächtig bezüglich unseres Erlebens und unseres Verhaltens sein. Sie verändern nicht nur unsere Gedanken, Erinnerungen oder Gefühle, sie verändern auch unseren Körper. Bei vielen traumatisierten Menschen sind Nervensystem, Atmung, Muskelspannung, Hormone und Körperwahrnehmung dauerhaft aus dem Gleichgewicht. Das kann dann dazu führen, dass der Alltag zur alltäglichen Qual wird. Der Alltag kann somit schnell in Überaktivierung (Hyperarousal), Erstarrung, Dissoziation oder in ständige innere Alarmzustände kippen. Und genau da, kann Zapchen Somatics ansetzen.
Bei Zapchen ist der Körper die Ressource. Zapchen ist eine somatisch-orientierte Methode, die westliche Körper- und Psychotherapie mit neurophysiologischem Wissen verbindet sowie mit traditioneller meditativer Praxis aus dem tibetischen Buddhismus. Das Besondere an Zapchen ist die Einfachheit. Sie arbeitet mit sehr einfachen, spielerisch-meditativen Übungen. Das kann Gähnen, Schaukeln, Summen, sanftes Schütteln oder bewusstes Atmen sein. Diese scheinbar unspektakulären Bewegungen aktivieren direkt unser vegetatives Nervensystem und unsere Körper-Ressourcen. Sie regulieren Körperfunktionen, Hormonausschüttung und Muskeltonus neu. Somit setzen sie eine körperliche Selbstregulation in Gang.
Für Menschen mit Trauma kann das den entscheidenden Unterschied machen. Statt über Erinnerungen, Bilder oder Sprache (die oft überwältigend sind) zu arbeiten, bietet Zapchen einen sanften Zugang zur Heilung. Über den Körper. Der Fokus liegt nicht auf dem Erzählen der traumatischen Geschichte, sondern auf dem Spüren des Körpers. Es dreht sich um das Wahrnehmen des Pulsierens, des Atmens, des Aufrichtens, des Entspannens. So kann Schutz, Sicherheit und Selbstwirksamkeit erlebt werden, ohne dass der Geist sofort in Erinnerungen eintaucht. Entscheidend ist: Wenn ein Mensch mit traumatischen Erfahrungen ein Gefühl von Sicherheit im Hier und Jetzt erlebt, und zwar im Körper, kann genau dieser Körper als eine Quelle der Anbindung dienen. Eine Anbindung an Sicherheit durch einfach Übungen, die nichts mit dem Denken zu tun haben.
Zudem öffnet Zapchen die Möglichkeit, eingefrorene Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsreaktionen zu entstarren. Der Körper bekommt eine andere Erfahrung. Diese andere Erfahrung geht nicht mit mehr Bedrohung einher, sondern mit mehr Regulation, mit einer sichereren Regulation. Dann entsteht ein Lernprozess über den Körper, dass er nicht ständig in Alarmbereitschaft sein muss. So erleichtert Zapchen das Zur-Ruhe-Kommen von Körper und Nervensystem und schafft wieder Zugang zu innerer Stabilität und Wohlbefinden.
Ein zusätzlicher Effekt ist die wachsende Selbstwirksamkeit. Wer lernt, sich selbst körperlich wahrzunehmen und zu regulieren, gewinnt Selbstwirksamkeit zurück, was für viele traumatisierte Menschen bedeutsam ist, wenn das Trauma sie das Gefühl von Kontrolle und Sicherheit verloren ließ. Zapchen kann damit helfen, Körper und Psyche wieder in eine heilende Beziehung zu bringen, Schritt für Schritt, sanft und respektvoll. Nicht als Technik, sondern als Einladung an den Körper, wieder Vertrauen zu fassen.
Literatur:
- Ladik, A. (2012). Presenting Zapchen Somatics – a body oriented method for treating trauma-generated disturbances. In ZPPM. Zeitschrift für Psychotraumatologie, Psychotherapiewissenschaft und Psychologische Medizin, 10(2), 19–30.
Bilder:
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