Der peripersonale Raum, also der Bereich um unseren Körper, den wir unmittelbar beeinflussen können, ist nicht nur eine neurologische, sondern auch eine körperlich und emotional erlebbare Dimension. In der Feldenkrais-Methode wird der Fokus darauf gelegt, die Wahrnehmung dieses Raums bewusst zu schulen und zu erweitern, um Bewegungsfreiheit, Selbstwahrnehmung und Sicherheit zu fördern.
Feldenkrais: Bewusstsein durch Bewegung
In einer typischen Feldenkrais-Lektion erkundest du sanfte, achtsame Bewegungen, um dein Körperbild zu verfeinern. Dabei kannst du den peripersonalen Raum bewusst wahrnehmen:
- Erweiterung der Reichweite: Durch das Erkunden der Beweglichkeit von Armen, Beinen und Rumpf lernst du, wie weit dein Raum tatsächlich reicht. Ein Beispiel wäre das langsame Strecken der Arme, während du spürst, wie sich dein Schultergürtel und deine Wirbelsäule mitbewegen.
- Integration von Werkzeugen: Indem du ein Objekt wie einen Stock oder Ball einbeziehst, kannst du erleben, wie dein Gehirn dieses Objekt in deinen Raum integriert. Dies fördert ein Gefühl von Verbundenheit und Geschmeidigkeit in deinen Bewegungen.
Diese Übungen verbessern nicht nur deine Bewegungskoordination, sondern auch dein Gefühl von Sicherheit in der Interaktion mit deiner Umgebung.
Polyvagal-Theorie: Sicherheit und soziale Nähe
Die Polyvagal-Theorie ergänzt dieses Verständnis, indem sie zeigt, wie der peripersonale Raum mit unserem autonomen Nervensystem zusammenhängt. Der ventrale Vagus, der für soziale Verbundenheit und Sicherheit zuständig ist, spielt eine Schlüsselrolle:
- Nähe und Distanz: In sozialen Situationen bestimmt die Wahrnehmung des peripersonalen Raums, wie sicher wir uns fühlen. Wenn jemand diesen Raum betritt, ohne dass wir uns darauf vorbereitet haben, kann dies als bedrohlich empfunden werden und eine sympathische Stressreaktion auslösen.
- Selbstregulation durch Bewegung: Feldenkrais-Übungen, die auf sanfter Exploration des Raums beruhen, helfen, die vagale Bremse zu aktivieren. Du lernst, wie du in deinem Raum präsent und handlungsfähig bleibst, selbst wenn äußere Einflüsse hinzukommen.
Praktische Anwendung
Eine Übung zur Verbindung beider Ansätze:
- Raum erkunden: Setze dich aufrecht hin und strecke langsam deine Arme in alle Richtungen aus. Spüre, wie sich dein Raum verändert, wenn du dich streckst oder einziehst.
- Mit Atmung kombinieren: Während du deine Arme bewegst, verbinde die Bewegungen mit einer ruhigen, rhythmischen Atmung. Dies reguliert deinen Vagus und fördert ein Gefühl von Sicherheit.
- Werkzeug nutzen: Halte einen leichten Gegenstand, wie einen Stock, und berühre damit sanft deine Umgebung. Spüre, wie sich dein peripersonaler Raum erweitert, ohne dass du dich unsicher fühlst.
Diese Herangehensweise lässt dich deinen Raum als sicheren, flexiblen und kraftvollen Bereich erfahren – ein Schlüssel für mehr Gelassenheit und Souveränität im Alltag.
Viel Vergnügen beim Üben.
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